Musik aus dem Schneckenhaus

Werner Lämmerhirt

von Frank Becker

Foto © Pollert
Musik aus dem Schneckenhaus
 
Werner Lämmerhirt
mit Bewährtem und Neuem
in der Wermelskirchener Katt
 
Werner Lämmerhirt (62) hören ist eine beinahe sentimentale Zeitreise zurück in die 60er und 70er Jahre, als wir lange Haare (und überhaupt noch Haare) hatten, uns für friedliche Koexistenz einsetzten, die unbegrenzte Freiheit einer herrlichen Jugend mit Job-Garantie genossen und voller Hoffnung lustigen Liedermachern und bärtigen Barden lauschten. Heute sind seine Haare wie die vieler seiner männlichen Fans einem grauen Haarkranz gewichen und die Jahre eines aufregenden Lebens haben ihre Spuren in sein lächelndes Gesicht gegraben.
 
Doch sein Herz und seine Hände sind jung – und wenn er die Finger über die Seiten tanzen läßt, ist alles so wie damals. „Komm, laß uns tanzen gehen (wenn der Frühling explodiert)“ singt er, beschwört als Road-Poet das „Immer wieder unterwegs auf viel zu engen Straßen“ und erzählt mit etwas älter gewordener, immer noch rauchiger Stimme davon, daß er mit  „Rückenwind“, die Liebste „Bedingungslos“ unterstützt. So muß das sein. Er selbst wird von einer großen Fan-Gemeinde unterstützt, die erstaunlich generationenübergreifend ist. Neben würdigen Herren um die 70 sah man am vergangenen Freitag in der Kattwinkelschen Fabrik in Wermelskirchen sehr junge Gesichter, David (13) war mit Papa Reimund (49) da und eine besonders attraktive junge Dame hatte sich sogar trotz Gipsbein eingefunden.
 
Der Berliner Werner Lämmerhirt, der fest in der Liedermacherszene seiner Zeit wurzelt und jetzt ländlich friedlich lebt, hat seinen Stil über die Jahrzehnte bewahrt, gehört als brillanter Fingerpicker und ausgewiesener Fingerstyle-Spezialist zu den Besten im Land. Er ist einer der wenigen übriggebliebenen sanften Mahner aus einer bewegten Zeit, in der Leute wie u.a. Hannes Wader, Reinhard Mey, Franz Josef Degenhardt, Hanns Dieter Hüsch und Schobert & Black der Szene ein Gesicht gaben. Ein Anachronismus? Keineswegs. Gestern wie heute kein Revoluzzer, aber ein Mahner, wenn er neue Balladen wie „Einer wie du erklärt mir nicht…“ und „Mach die Tore dicht, wenn der Wind sich nicht legt“ anstimmt.
 
Bei vielen Stücken, wie auch „Don´s Boogie“ wippt der Fuß fast automatisch mit, träumen kann bei Werner Lämmerhirt aber auch, wenn er seinen swingend-poetischen Instrumental-Standard „Samba an einem ruhigen Sonntag“ spielt. Ein wenig Wehmut schwingt bei „Als ob es gestern war“ und „Manchmal hab ich so ein mulmiges Gefühl“ mit, doch das gehört einfach dazu. Ein neues Album wird bald erscheinen, „Sichtweisen“ heißt es. Beim Ingelheim Folk Festival, das noch bis Mitte Juni stattfindet, wird er es vorstellen. Kostproben gab es natürlich auch am Samstagabend in der Katt, wohin er übrigens stets gerne zurückkehrt, wie er versichert. Werner Lämmerhirt zieht seinen Stiefel durch: „Ich geh meinen Weg“. Da geht man gerne mit.
 
Weitere Informationen unter: www.werner-laemmerhirt.de