Virtuose Variationen

Alexey Lebedev überzeugt mit Könnerschaft und Liebenswürdigkeit

von Frank Becker

Foto © Daniel Rabovsky
Virtuose Variationen
 
Alexey Lebedev überzeugt
mit Könnerschaft und Liebenswürdigkeit
 
Vielfach prämiert und ausgezeichnet, u.a. beim Internationalen Klavierwettbewerb Ferruccio Busoni in Bozen, gehört Alexey Lebedev zur Elite der jungen Generation am Klavier. Nicht zum ersten Mal war er am Sonntag in Remscheid Gast der ambitionierten Konzertreihe „Weltklassik am Klavier“, die in der Mehrzahl junge Talente aus Osteuropa und Ostasien fördert. Während der 1980 in St. Petersburg geborene, hoch gewachsene Pianist konzentriert zu den Variationen Robert Schumanns über ein Thema des 2. Satzes der 7. Sinfonie Ludwig van Beethovens ansetzte (WoO 31) und von draußen die fröhlichen Stimmen spielender Kinder herein klangen, zog intensiver Bratenduft aus der Klosterschenke durch den Saal. Ostern steht bevor, und den Ferien geschuldet waren bedauerlicherweise nur rund drei Dutzend Zuhörer gekommen, um das erlesene Programm des Ausnahme-Pianisten zu hören.
 
Denen aber bot Lebedev ein Konzert, das in seinem Rang nicht nur einen Spitzenplatz in der Reihe „Weltklassik am Klavier“ belegen konnte. Hier war fühlbar ein Meister am Werk, der sogar mit dem vor allem in den Höhen an Mißtönen reichen kleinen Yamaha-Flügel der Klosterkirche fertig wurde, der unter seinen mächtigen Händen und seiner aufgeschossenen Statur fast wie ein Spielzeug wirkte. Zutiefst innerlich und hingegeben, mit intensiver Mimik und Körpersprache spielte Lebedev auch Joseph Haydns folgende, selten interpretierte As-Dur-Sonate Hob. XVI:46, im 2. Satz besonders zart, mit großer Ruhe und Delikatesse. Sein kultivierter Anschlag wirkt wie ein leichtes Berühren, meisterlich auch das angezogene Tempo des 3. Satzes. Gefühlvoll, beinahe erdfern und doch gehaltvoll schlossen sich Frédéric Chopins Mazurken op. 24 Nr. 3 und 4 an, gewaltig, ja dröhnend Chopins Etüde op. 25 Nr. 10, die keineswegs als Übungsstück durchgeht. Da muß schon ein Könner her. Lebedev ist ein solcher.
 
Zum in seiner Zeitlosigkeit bis dahin vielleicht schönsten Stück geriet ihm Ferruccio Busonis romantische Variation auf J.S. Bachs Chromatische Fantasie und Fuge d-Moll BWV 903. Mit brillantem Tempo-Gefühl gelang Lebedev die Verschmelzung von Barock und Moderne überwältigend, zahlreiche Bravi der Lohn. Franz Liszts „Valse Impromptu“, ein elegantes Salonstück von tänzerischer Leichtigkeit, zugleich nahezu sinfonischer Größe, legte er mit abermals kunstvoller Pausentechnik traumwandlerisch sicher an.
Wuchtig, düster, drohend, gewaltig rollte Busonis Elegie „Meine Seele bangt und hofft zu Dir“ durch den Saal, wieder ein Fall für einen großen Virtuosen, als der sich Alexey Lebedev Mal um Mal erwies. Den Abschluß machte nach Alexander Skrjabins Fantasie op. 28  - wie alle Stücke ohne Blatt gespielt – als Zugabe eine frühbarocke E-Dur-Sonate Domenico Scarlattis.
Der meisterliche Vortrag Lebedevs setzte Maßstäbe, was nicht zuletzt durch anhaltenden Beifall und herzhafte Bravi für den bescheiden und liebenswürdig auftretenden Künstler deutlich unterstrichen wurde.

Weitere Informationen unter: www.weltklassik.de   und  www.alexeylebedev.com