Wer ist Hunkeler?

Die Kommissär Hunkeler-Romane von Hansjörg Schneider

von Frank Becker
Wer ist Hunkeler?

Wer ist dieser Peter Hunkeler eigentlich, Kommissär der Baseler Kriminalpolizei, der 18 Jahre nach seinem ersten Auftreten beim Zürcher Ammann Verlag jetzt auch vom deutschen Publikum wahrgenommen werden kann? Beim Diogenes Verlag sind en bloc die ersten vier Fälle Hunkelers erschienen, die noch deutlich das Zeitkolorit der frühen 90er Jahre atmen. Ganz jungen Lesern werden die Umstände sicher ab und zu fremd vorkommen, da man tunlichst vermieden hat, die Stoffe zu aktualisieren.

Auch nach der Lektüre des zweiten Romans um den eigenwilligen, widersprüchlichen und äußerst knorrigen Ermittler bin ich, wiewohl ich Zeitzeuge bin, Hunkeler noch nicht so nahe gekommen, daß ich zu beurteilen wagen würde, wer er ist und vor allem: warum er so ist wie er ist. Hansjörg Schneider, Schweizer Germanist und Journalist, ist zu Recht für seine Hunkeler-Fälle mit dem Glauser ausgezeichnet worden, denn er hat eine Nische gefunden, in die bis dato noch kein Serienheld hineinpaßte - wobei Schneider alles tut, um aus der Figur des Kommissärs genau keinen Helden zu machen und auch die übrigen Figuren üblicher Klischees zu entheben. Der Verbrecher hat ebenso seine Zerrissenheit und sein Privatleben wie der Polizist, Opfer und Zeugen bekommen eine eigene Geschichte mit Schwächen und Sehnsüchten, womit das Ringen Hunkelers um die kriminalistische Wahrheit auch ein Kampf um die Wahrhaftigkeit wird.

Finders - Keepers


Ein an Handlung, Tempo und krimineller Energie recht reicher Stoff ist Hunkelers erster Fall "Silberkiesel", in dem Guy Kayat, Kurier eines Drogenkartells, im Angesicht seiner Verhaftung die in die Schweiz geschmuggelten Diamanten in die Kanalisation spült, wo sie der türkische Saisonnier Erdogan Civil, Kanalarbeiter und Träumer von einem besseren Leben findet. Er beschließt, sie zu behalten und sich, seiner Familie und seiner Geliebten ein neues, komfortables Leben aufzubauen. Daß er dabei sich und seine Baseler Geliebte Erika Waldis in höchste Gefahr bringt, stört den Sturkopf nicht, der sich für schlauer als Drogenhändler und Polizei zusammen hält. Das Ringen der Verbrecher mit dem starrhalsigen Finder ruft natürlich auch Hunkeler und seinen Assistenten Madörin auf den Plan. Hansjörg Schneider hält den Pegel der Spannung mit allerlei Wendungen durchweg hoch, bis es zu einem dramatischen Showdown kommt.

Das Leben - ein Alptraum

Hier legt Schneider ein mehrfach geschachteltes Psychogramm vor, sowohl des ehemaligen Schiffsstewards Freddy Lerch, eines alten Mannes, der mit einem Sprung von der Johanniterbrücke seinem Leben ein Ende setzt (Flattermann), als auch eines von Hunkeler selbst. Der nämlich wird während seines Urlaubs Zeuge des Todessturzes - und er mischt sich illegal in die Ermittlungen ein, weil er nicht an einen Suizid glauben mag. Das bleibt nicht das einzig Illegale, was er im Laufe des von weitschweifigen Rückblenden und tristen Charakterzeichnungen bestimmten recht kleinen Romans - der alles andere als ein Krimi ist - tun wird - und womit er sich mit seinem Ferienvertreter Madörin anlegt. Der Leser lernt Hunkeler als einen im Grunde gebrochenen Mann kennen, dessen bilanziertes Leben sich trotz gelegentlicher Höhepunkte ebenso als ein Mißerfolg darstellt wie das Freddy Lerchs. Der dramatische Plot führt weit in die Vergangenheit beider und zeigt ihr Leiden an der Wirklichkeit. Hunkeler weint nicht nur einmal, er zeigt sich sentimental, sogar larmoyant und noch unzugänglicher als im ersten Fall. Das bekommt, wenn auch mit Geduld ausgependelt, seine Freundin Hedwig zu spüren.

Über Fall drei (Das Paar im Kahn) und vier (Tod einer Ärztin) berichten wir hier demnächst.

Beispielbild

Hansjörg Schneider
Silberkiesel
Hunkelers erster Fall
© 2011 detebe 24001
228 Seiten, Broschur, 9,90 €























Hansjörg Schneider
Flattermann
Hunkelers zweiter Fall
© 2011 detebe 24002
156 Seiten, Broschur, 9,90 €

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