E 10 – das Ärgernis

Leute - mir platzt der Kragen und ich krieg sooo einen Hals!

von Bertold Blumenberg
E 10 – das Ärgernis
 
Mir platzt der Kragen und ich krieg sooo einen Hals!
 
Ärgernis, nein diese Vokabel paßt eigentlich gar nicht. Es ist viel mehr: es ist Zorn über die offensichtliche Dummheit der Politik, die scheinbar nicht Eins und Eins zusammenzählen kann (in Wirklichkeit vermutlich aber doch, ihren Fehler aber ums Verrecken nicht zugeben will), über die Gleichgültigkeit der Verbraucher-Verbände, das mucksmäuschenstille Abwarten der Autoindustrie, die ihrerseits durch die beinahe strafbare Einführung des E 10 Sprits unerhörte Gewinne zu erwarten hat, über die geldgierige Kalkulation der Öl-Multis und vor allem über die Verbraucher selbst, die sich wie eine Hammelherde vorführen lassen. Anstatt mal durch pure Verweigerung den Verantwortlichen zu zeigen, wie dünn das Eis ist, auf dem diese balancieren, wird brav weitergetankt.
 
Nun haben sie sich anscheinend alle geeinigt, dummdreiste Politiker, gierige Ölindustrie und sogar der doch eigentlich der Vernunft verpflichtete Automobilclub ADAC („Freie Fahrt für freie Bürger!“) singen im Chor der Scheinheiligen und Abzocker mit. Daß die Autoindustrie, namentlich BMW dem Schwachsinn E 10 zustimmt, kann eigentlich nur daran liegen, daß Berater wie Ex-Steinewerfer und Polizistentreter (und nebenbei Ex-Grüner) Joschka F. dort für ihre aus der Erfahrung mit der Tagespolitik resultierenden schlauen Ratschläge abkassieren und ihr Fähnlein für rund eine Million Euro in den übelriechenden Wind hängen.
 
Wer nur ein Quentchen mehr Gehirn hat als unser das Volk anscheinend für völlig blöd haltender Umweltminister Röttgen, kann doch denken und muß über folgende unbestreitbare Gedankenkette stolpern:
 
-  Der neue E-10-Biosprit weist eine 10%ige Beimischung von Ethanol auf (Getreide,
   Zuckerrüben und diverse organische Abfälle).
-  Dadurch erhöht sich der Wasseranteil im Kraftstoff erheblich.
-  Selbiger kondensiert aus den Verbrennungsgasen und gelangt ins Öl,
-  welches dadurch verdünnt wird.
-  Folge: Höherer Spritverbrauch, weniger Leistung, weitaus häufigerer Ölwechsel  
   wird nötig, belastet wiederum die Umwelt + zeitigt nicht absehbare Folgeschäden.
-  Vermutlich werden Motoren beschädigt, man wird neue bauen müssen, der    
   Autoindustrie geht es glänzend, den Ölfirmen dito, die Steuerpolitik profitiert mit.
-  Die Umwelt leidet weiter und der Verbraucher zahlt die Zeche. Wie immer.
-  Das ganze ist so nötig wie ein Kropf.
 
Sollte ein Wissenschaftler das bestreiten, dann schicken wir ihn zum Nachsitzen (oder kopieren) an die Universität Bayreuth, die seit gestern den Namen „Universität Bayreuth – Humoris causa“ trägt. - Doch Spaß beiseite.
 
Der Gipfel der Perversion ist doch schon die Bezeichnung „Bio-Sprit“. Da werden für unseren Sauerstoff-Haushalt wichtige Wälder gerodet, um Lebensmittel anzupflanzen, die jedoch nicht der Ernährung der wachsenden Weltbevölkerung dienen, sondern zur Herstellung von Benzin-Additiven für die Reichen mißbraucht werden. Das ist nicht nur ethisch eine unglaubliche Riesensauerei, das ist Frevel angesichts der Millionen verhungernder Menschen auf dieser Welt.
Daß zudem durch die immer höher werdende Schadstoffbelastung der Atmosphäre (glaube bitte keiner, daß E 10 etwas daran ändern wird) die Lebensgrundlage für kommende Generationen immer fragiler wird, sei am Rande bemerkt.
 
Die Mafia der Ölindustrie zieht natürlich mit, weil sie selten einen solch großartigen Freibrief bekam, drastisch die Preise weiter zu erhöhen, also die Verbraucher geradezu auszupressen. Die Politik schaut zu.
Geplant ist nämlich, das E-10-Super auf dem aktuellem Preis-Niveau zu belassen, zur Kompensation die Preise aller anderen Spritsorten um zehn (!) Cent zu erhöhen und Absatzprobleme beim E 10 durch Bestrafung der Kunden, denn nichts anderes ist die geplante Umlegung von geschäftlichen Defiziten auf die übrigen Spritpreise, auszubügeln. Wenn da keine Kartellbehörde und keine Umweltpolitik eingreift, muß befürchtet werden, daß die Ölindustrie – man hat ja die Mittel – gut geschmiert hat. Dem Verbraucher wird demnächst gar keine Wahl mehr gelassen, weil es keinen normalen Supersprit mehr geben wird – außer dem ohnehin teuren Supersuper-Super für die Straßenrennwagen zu kurz Gekommener.
 
Mal wieder, wie bei dem völlig undurchdachten Staubplaketten-Hirnriß, wollen wir Deutschen die Welt verbessern, haben aber noch lange nicht und vor allem nicht mit eisernem Besen vor der eigenen Haustür gefegt.