Ein Schriftsteller fotografiert
Fotografien von Arno Schmidt
im Arp Museum Rolandseck Fällt der Name Arno Schmidt (1914–1979), assoziiert man sogleich reflexartig „Zettel’s Traum“, jenen bekanntesten Roman des Autors, der gleichwohl kaum von jemandem je ganz gelesen wurde. Ob sich daran etwas ändern wird, nachdem die nur schwer lesbare DIN A3-Faksimileausgabe des mehr als tausendseitigen Manuskripts aus dem Jahr 1970 soeben durch eine gesetzte Neuausgabe von mehr als 1500 Seiten abgelöst wurde (Suhrkamp; 348,- Euro), mag dahingestellt bleiben. Wie dem auch sei, Arno Schmidt ist en vogue, und zwar interessanterweise nicht nur als Schriftsteller, sondern auch als Fotograf.
Dabei wäre es sicherlich verfehlt, Schmidt „posthum zum avantgardistischen Fotokünstler aufzuwerten“, wie Janos Frecot zu Recht festgestellt hat. Wenn aber ein Ausstellungshaus vom Kaliber des Arp Museums in den Räumen des Künstlerbahnhofs von Rolandseck exzellent ausgearbeitete Neuabzüge der Fotos des Schriftstellers präsentiert, läßt sich der Eindruck nicht abweisen, daß hier eben doch zur Kunst stilisiert werden soll, was genuin keineswegs als solche konzipiert war.
Kunst wird deklariert
Natürlich kann man den Standpunkt vertreten, Kunst sei das, was Künstler hervorbringen. Das aber ist eine Position, die nur bedingt trägt. Denn zur Kunst wird soziologisch erst das, was in einem
Um auf Arno Schmidt zurückzukommen. Obwohl also der prominente Berliner Kulturwissenschaftler und Fototheoretiker Janos Frecot, der die Ausstellung mit Fotografien des Schriftstellers kuratiert hat, dessen nachträglicher Aufwertung als Fotokünstler selbst zurückhaltend gegenübersteht, ist der Effekt der Schau in Rolandseck doch ein anderer. Was Arno Schmidt über Jahrzehnte fotografiert hat, hatte im Kontext seiner Arbeit als Schriftsteller einen genau definierten Platz und war kaum als „Fotokunst“ gedacht, nimmt nun aber durch den Akt der Musealisierung die Aura von „Kunst“ an.
Fotos als Erinnerungshilfen
Aus dem mehrere Tausend Bilder umfassenden fotografischen Nachlaß des Schriftstellers zeigt das Arp Museum rund achtzig Landschafts- und Naturaufnahmen in Schwarzweiß und Farbe. Schon als junger Mann hat Schmidt in der 30er und 40er Jahren mit einer einfachen Kamera, möglicherweise einer Box, regelmäßig fotografiert – private Schnappschüsse, wie sie millionenfach tagtäglich
Unprätentiöse Landschaftsaufnahmen
1958 zog Arno Schmidt mit seiner Frau Alice nach Bargfeld, einem kleinen Dorf im heutigen Naturpark Südheide in Niedersachsen. In unprätentiösen Schwarzweißaufnahmen und Farbdias hat Schmidt über Jahrzehnte seinen Wohnort und die flache norddeutsche Moorlandlandschaft in der Umgebung fotografisch dokumentiert. Seine Fotos zeichnen sich gleichermaßen durch einen konsequenten Verzicht auf Dorfidyllen und Heidekitsch wie durch ein striktes Vermeiden
Schwerpunktthema „Landschaft“
Eingebettet ist die Ausstellung „Arno Schmidt. Der Schriftsteller als Landschaftsfotograf“ in das ausstellungsübergreifende Thema „Landschaft“, dem sich das Arp Museum in diesem Jahr anläßlich der in Koblenz stattfindenden Bundesgartenschau zugewendet hat. In diesem Zusammenhang sei auch auf die kürzlich in dem von Richard Meier entworfenen Museumsneubau eröffnete Ausstellung des Schweizer Künsterduos Gerda Steiner und Jörg Lenzlinger mit dem Titel „Hochwasser – Trink oh Herz vom Überfluss der Zeit“ (bis 14. August 2011) hingewiesen, einer collageartigen, mehrer Räume füllenden Installation, die sich mit der spezifischen Lage des Arp Museums am Rhein auseinandersetzt, der nicht nur eine pulsierende Lebensader ist, sondern bei Hochwasser oder Havarien (wie unlängst in St. Goar) zum Sorgenkind für zahllose Anlieger und die gesamte Schiffahrt werden kann.
Arno Schmidt
Der Schriftsteller als Landschaftsfotograf
Landes-Stiftung Arp Museum Bahnhof Rolandseck
Hans-Arp-Allee 1 D- 53424 Remagen Tel +49 (0)22 28/94 25-0 Fax +49 (0)22 28/94 25-21 http://www.arpmuseum.org/ bis 20. März 2011
Führungen zu „Arno Schmidt. Der Schriftsteller als Landschaftsfotograf“ jeden zweiten Sonntag im Monat, 15 Uhr; Kosten: 2,00 Euro, zzgl. Museumseintritt
Am Dienstag, den 15. Februar 2011, 18 Uhr, findet das Rolandsecker Gespräch „Landschaft und Sehen“ statt. Geplant ist ein kurzweiliger Abend zum Schriftsteller und Landschaftsfotograf Arno Schmidt mit Vortrag zur Landschaftsfotografie und zum Bildaufbau sowie anschließender Lesung mit Janos Frecot (Kurator der Ausstellung), Gabriele Kostas (Kunsthistorikerin) und Bernd Rauschenbach (Arno Schmidt Stiftung); Kosten: 6,50 Euro Zur Ausstellung ist kein eigener Katalog erschienen; verfügbar sind aber die beiden folgenden Bände:
Arno Schmidt Vier mal vier. Fotografien aus Bargfeld, hrsg. und mit einem Nachwort von Janos Frecot. Eine Edition der Arno-Schmidt-Stiftung im Suhrkamp Verlag, Frankfurt 2003, 49,90 Euro
SchwarzWeißAufnahme. Fotografien von Arno und Alice Schmidt aus drei Jahrzehnten, hrsg. und mit einem Nachwort von Janos Frecot. Eine Edition der Arno Schmidt Stiftung im Suhrkamp Verlag, Frankfurt 2009, 49,90 Euro
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