Lehrstück mit Unterhaltungswert

Roger Willemsen -„my favourite things“

von Frank Becker
Lehrstück mit Unterhaltungswert
 
Roger Willemsen stellt seine
Lieblingsstücke des Jazz vor:
„my favourite things“
 
 
Wenn Roger Willemsen dem ersten Stück der zweiten CD („Summertime“, gespielt vom Altsaxophonisten Art Pepper) vorausschickt, niemand, aber auch niemand solle es jetzt für lange Zeit mehr aufnehmen, sagt man: jaja, sicher – und hält es für eine Floskel. Hört man dann aber den grandios seelenvollen, herzergreifenden Sound der 1957 u.a. mit dem Pianisten Carl Perkins eingespielten Aufnahme, schweigt man, weil man von seiner unerhörten Melancholie tief getroffen ist. Art Pepper starb wie viele seiner Musiker-Kollegen früh, zu früh im Alter von 56 Jahren. Auch Charlie „Bird“ Parker, Cannonball Adderly, Oliver Nelson u.a.m. gehören zu den Ikonen des Jazz, denen Krankheit, Lebenshunger oder Drogen die zum Verhängnis wurden. Sie hinterließen dennoch ein ungeheures musikalisches Erbe, mit Gold nicht aufzuwiegen.
 
34 herausragende Titel der Geschichte des Modern Jazz hat Roger Willemsen mit gutem Geschmack und feinem Gespür für das Richtige auf zwei prall gefüllten CDs zusammengestellt und sie mit einfühlsamen Texten versehen. Es ist eine sehr persönliche Auswahl, die zwangsläufig etliche prominente Namen der Szene vermissen läßt, doch so soll es auch sein, denn es sind ja seine favourite things. Zweimal 17 Genüsse von den Spitzen-Labels des Jazz sind es allemal – und sie regen unmittelbar dazu an, nun einmal die eigenen Lieblingsstücke für eine ganz persönliche Hitliste herauszusuchen. Willemsens Projekt bringt damit einen vergnüglichen Stein ins Rollen, macht wieder Lust, im Plattenschrank zwischen den sorgsam aufbewahrten Langspielplatten zu kramen, sie mit Fingerspitzen auf den Plattenteller zu legen und sacht den Tonarm aufzusetzen. Dann Augen zu, zurücklehnen und den einzig wahren, warmen Klang von Tonabnehmer und Vinyl genießen.
 
Aber nörgeln wir nicht gegen die saubere Klangfarbe der CD. Roger Willemsens Doppel-Album ist ein trefflicher Beweis (siehe „Summertime“), daß auch von den kleinen Silberscheiben ein feiner Ton zu erwarten ist. Zoot Sims mit „Echoes Of You“, Ralph Burns, der elegant „It Might As Well Be Spring“ synkopiert, Michel Petrucciani (der nur 36 Jahre alt wurde) mit seinem federleichten „Lullaby“, das beinahe zum Weinen zärtliche Spiel von Johnny Hodges (as) und Paul Gonsalvez (ts) mit dem Orchester von Duke Ellington und dessen zu Herzen gehender Romeo und Julia-Adaption „Pretty Girl/The Star-Crossed Lovers“ oder Wynton Kellys (auch er wurde nur 39 Jahre alt) „Goodbye“ – Willemsens Auswahl und die unaufdringlichen Überleitungen sind ein reines Vergnügen.
 
CD 1: 1.Mulatu Astatke (Tezeta) 6:14 - 2. Duke Ellington (Pretty Girl/The Star-Crossed Lovers) 3:57 - 3.  Krzysztof Komeda (Moja ballada) 3:37 - 4. Tommy Flanagan ( My Ship) 6:25 - 5. Lester Young (That's All) 4:36 - 6. Charlie Parker (Parker's Mood) 3:25 - 7. Sonny Rollins (How Are Things In Glocca Morra) - 6:17 - 8. Oscar Peterson (Nighttime) 10:19 - 9. Wynton Kelly (Goodbye) 2:25
 
CD 2: 1. Art Pepper (Summertime 7:20) - 2. Joe Henderson (Blue Bossa) 7:59 3. Kenny Dorham (Alone Together) 3:11 - 4. Zoot Sims (Echoes Of You) 7:11 - 5. Cannonball Adderley (I Worship You) 6:15 - 6. Oliver Nelson (Azur'te) 5:42 - 7. Ralph Burns (It Might As Well Be Spring) 4:52 - 8. Michel Petrucciani (Lullaby) 5:16 - 9. Bill Evans (Peace Piece) 6:40
 
CD 1 : 1:19:42
CD 2 :  1:18:52
Gesamtzeit:  2:38:34
 
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