Kampfregeln für das zivilisierte Gespräch

Hannes Stein - "Immer Recht haben!"

von Jürgen Kasten
Kampfregeln für das zivilisierte Gespräch
 
Wäre es nicht schön, immer Recht zu haben? Man würde bewundert, ob seines Wissens und Argumentationsgeschickes. Andererseits – ein Klugscheißer steht schnell abseits. Hannes Stein weiß das natürlich und außerdem mißtraut er seinen Lesern. Deshalb hat er seinem Buch zwei Rezensionen angefügt. Die eine beschreibt dies Buch als großen Mist, die andere hält das Werk für unverzichtbar. Beides hat er vorsichtshalber auch selber geschrieben. Und so bleibt dem Leser nichts anderes übrig, als sich selber ein Urteil zu bilden. Zunächst sollten Sie sich aber die „Kampfregeln für das zivilisierte Gespräch“ in der ca. dreißig Seiten langen Einleitung durchlesen. Grundregeln des Wortgefechtes sind dort erklärt. Die Wortwahl zeigt schon, daß es sich hier um einen Kampf handelt, der darüber entscheidet, wer den Platz als Sieger verläßt, bzw. klarstellt, wer hier der Platzhirsch ist. Stein schränkt aber wiederum ein: „Wollen Sie Recht haben oder wollen Sie etwas erreichen?“ Letztenendes geht es immer darum, die besseren Argumente zur Hand zu haben. Ob das Ihre tatsächliche Meinung spiegelt oder nicht, spielt keine Rolle. Alles nach dem Motto: Was schert mich mein Geschwätz von gestern. Als Beispiel führt er eine Diskussion mit einem Befürworter der Abtreibung an. Wenn Sie ihren Gesprächspartner mit dem Vorwurf des Kindermordes oder wahlweise der Pädophilie konfrontieren, hat der nämlich erst einmal genug damit zu tun, sich zu rechtfertigen und kann zum eigentlichen Thema nichts mehr beitragen.
 
Das restliche Buch besteht aus fiktiven Plädoyers für oder gegen etwas. Beide Positionen werden nebeneinander gestellt und es wird deutlich, daß es völlig egal ist, welche sie wirklich vertreten. Mit den richtigen Argumenten haben Sie immer Recht. Wie das funktioniert führt Hannes Stein anhand einer Vielzahl von Beispielen vor. Ich nenne nur ein paar: Bei den Kapiteln „Die Beatles sind die Größten“ und „Die Stones sind die Größten“, mag das durchaus noch diskutabel sein. Geht es aber um „Vegetarier oder Fleischesser“, wird es schon dogmatisch. Oder andere: „Goethe war der Beste“ – „Schiller war viel besser“; gegen oder für den „SMS-Wahn“; „Kaffee oder Tee“; „für den Altruismus oder den Egoismus“; Argumente für Gott oder gegen Gott“ -und so weiter. Hannes Stein bietet Gesprächsstoff für jeden Anlaß: Kulturelle Entscheidungen, Wirtschaftliche Erwägungen, Politische Diskussionen, Religionsfragen, Sexuelle Ausschweifungen.
Zwei Marx-Zitate stimmen auf das Buch ein: „Es ist möglich, daß ich mich blamiere. Indes ist dann immer mit einiger Dialektik zu helfen. Ich habe natürlich meine Aufstellung so gehalten, daß ich im umgekehrten Fall auch Recht habe“ (Karl Marx).
„Ich habe eiserne Prinzipien. Wenn sie Ihnen nicht gefallen, habe ich auch noch andere“ (Groucho Marx).
Also verprellen Sie nicht ihre Gesprächspartner. Vertreten Sie Ihre Meinung offen, ehrlich und ohne Hintergedanken und vor allen Dingen benutzen sie keine Totschlagargumente. Ein großartiger Spaß mit pädagogischem Lerneffekt.

Beispielbild

Hannes Stein
Immer Recht haben!
Totschlagargumente für alle Lebenslagen
Mit einigen Illustrationen von Philip Wächter
 
© 2008 Eichborn AG
© 2011 ungekürzte Taschenbuchausgabe Piper Verlag GmbH, München
ISBN: 978-3-492-25428-1
Broschur, 256 Seiten
€ 8,95 (D), sFr. 14,50 (CH), € 9,20 (A)
 
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