Mit Tango ins Paradies

Der Zauber Argentiniens bei der „Guitar Night“

von Frank Becker

Foto © Dirk Engeland
Mit Tango ins Paradies
 
Der ganze Zauber Argentiniens
bei der „Guitar Night“
in der Akademie Remscheid
 
 
Die traditionell durchweg hochkarätig besetzte „Guitar Night“ des Internationalen Bergischen Gitarrenfestivals in der Akademie hatte auch bei ihrer 33. Ausgabe 2011 Stars von ebenfalls internationalem Rang auf dem Programmzettel. Beinahe vier Stunden lang zeigten Musiker verschiedener Disziplinen auf akustischen und elektrischen Instrumenten die hohe Kunst der klassischen und populären Unterhaltung mit dem Mittelpunkt Gitarre.

Ensemble mit Dame
 
Das Gitarrenensemble der Hochschule für Musik Köln/Wuppertal (elf Herren, eine Dame) eröffnete quasi zum Anwärmen unter Leitung von Alfred Eickhoff und Gerhard Reichenbach den Reigen mit einem für Gitarren arrangierten Streichquartett von Luigi Boccherini (tänzerisch, fast spanisch bearbeitet von Julian Bream). Auf eine minimalistisch raffinierte „Rumba“ von Leo Brouwer mit spannender Reihung klangreduzierter Griff- und Akkord-Kombinationen und Übergang zum Melodischen folgte ein temperamentvoll brasilianisch farbenfrohes Stück Paulo Bellinati. Als Bonbon zum Nachtisch gab es Tschaikowskis der „Tanz der (12) Schwäne“. Ein Schmankerl.
 
Klassische Akustik

Eines der erfolgreichsten Gitarrenduos der Welt, so Dieter Kreidler in seiner Moderation, ist das

Amadeus Guitar Duo - Foto © Dirk Engeland
Amadeus Guitar Duo mit Dale Kavanaugh & Thomas Kirchhoff, regelmäßige Gäste beim Remscheider Gitarrenfestival. Mit einer elisabethanischen Pavane, einer zeitgenössischen Toccata, einer für Gitarren arrangierten Cembalo-Chaconne (Thema und 21 kurze Variationen) Händels und fünf kleinen venezolanischen Stücke von Alfonso Montes (*1955) zeigten die beiden Virtuosen den Stand der Kunst auf den Saiten, zwei leichte Patzer Kirchhoffs eingeschlossen. Dennoch ein Ohrenschmaus von funkelnder Eleganz.
 
Fender und Stimme

In der ungewöhnlichen Zusammensetzung E-Gitarre und Bariton nahm nach der Pause das Duo Jörg Lehnhardt/Uli Wewelsiep in die Welt der Pop- und Rockmusik mit. Zum Einstieg führte Lehnhardt solo die unerhörten Möglichkeiten (s)einer elfenbeinfarbenen Jeff Beck Fender Stratocaster vor - er beherrscht das Instrument in Perfektion. Mit wuchtigem Bariton und höchst variabler Stimme trat Wewelsiep trotz Mittelohrentzündung mit Titeln

Lehnhardt-Weselsiep-Duo - Foto © Dirk Engeland
von u.a. Depeche Mode (Personal Jesus), Jimi Hendrix (Manic depression), Neil Young, The Beatles (I´m a Loser), Elvis Costello, Talking Heads, und David Sylvian (Darkest Dreaming aus dem Album „Dead Bees on a Cake“) hinzu. Zu Recht werden Lehnhardt und Wewelsiep zur Creme ihrer Disziplinen gezählt.
 
Tango argentino

Wie so oft gab es das Beste zum Schluß: Cesare Chiacchiaretta (Bandoneon) und Giampaolo Bandini (Gitarre) brillierten mit Tangos von Astor Piazzolla, Carlos Gardel, Matos Rodriguez, Angel Villoldo u.a.m. Das italienische Duo riß in seinem über einstündigen Auftritt vom Rang eines eigenen Konzerts das kundige Publikum nicht nur zu Begeisterungsstürmen hin, sondern wortwörtlich von den Sitzen, indem es in einer exorbitanten Aufführung die ganze Delikatesse des Tango argentino hören, ja körperlich spüren ließ. Tief bewegend und zum Weinen schön. Absolute Virtuosität paarte sich hier mit Gefühl und
 
Kreativität. Mit Eleganz, Witz und Virtuosität interpretierten sie den in aller Welt von Tango-Orchestern seit Jahrzehnten rauf und runter gespielten Standard „La Cumparasita“ von Rodriguez neu, grandios ergriff ihre Fassung von Piazzollas „Oblivion und dem „Libertango“, daß einem das Herz aufging. Da kommt Neid gegenüber allen auf, die Tango tanzen können. Erst nach drei Zugaben ließ das nach fast vier Stunden nicht im geringsten müde Publikum die beiden Künstler ziehen. Das von Alfred Eickhoff eilends herangeschaffte frische Kölsch verzischte in den italienischen Kehlen wie ein Spitzen-Vernaccia.


Tango argentino - Foto © Dirk Engeland

Weitere Informationen unter: www.bandinichiacchiaretta.com