Staatstheater Nürnberg
"Das Holzschiff" (UA) Oper von Detlef Glanert
09.10.10 Premiere Peter Theiler traut sich was. Zur Eröffnung seiner dritten Spielzeit vergab er den Auftrag, eine Oper für sein Haus zu schreiben an Detlef Glanert, den zur Zeit wahrscheinlich erfolgreichsten deutschen Opernkomponisten. Die Regie legte er in die Hände des Altbürgerschrecks Johannes Kresnik. Um es gleich vorweg zu nehmen, die Musik siegte auf ganzer Linie über die Regie. Glanert, Henzeschüler, läßt seinen Meereskrimi nach Hans Henny Jahnns gleichnamigen Roman aus der Trilogie „Fluß ohne Ufer“ wagnergleich in den tiefsten Bässen starten und erreicht damit sofort eine Spannung, die an diesem Abend bis zum Ende durchgehalten und sogar noch bis ins fast Unerträgliche gesteigert wird. Ein blinder Passagier schlägt sich durch die Wände der „Lais“ jenes Holzschiffs mit Planken aus
Ein Schiff verläßt den Hafen. Gustav, der Verlobte der Tochter des Kapitäns, schleicht sich als blinder Passagier mit Wissen des Kapitäns und des zwielichtigen Superkargos, an Bord. Die Besatzung weiß weder um Ladung noch um Ziel des Schiffes. Der Superkargo Lauffer stellt den Kapitän und seine Tochter Gustavs wegen zur Rede und zwingt die Mannschaft mit drakonischen Maßnahmen zur Disziplin. Als Gustav mit Elena alleine in ihre Kabine ist, entzieht er sich ihr. Lauffer erscheint, Türen öffnen sich von alleine. Gustav ist beunruhigt über die labyrinthartigen Hohlräume des Schiffes, Elena sehnt sich nach einer leidenschaftlichen Nacht. Gustav freundet sich mit dem Schiffskoch Paul Fitte an. Sie erörtern das Gerücht, an Bord seien Geheimagenten. Waldemar Strunck verbietet darauf
Soweit die knapp gehaltene Handlung der Oper. Glanert gibt dem eigentlichen Hauptdarsteller, dem Meer, viel Platz. Das Meer in all seinen Geräuschen, vom sanften Gluckern, vom Wellenschlag an der Bordwand, bis hin zum erzürnten Element reicht seine Palette der Farbtöne, mit denen er das Meer schildert. Für die szenische Schilderung stehen ihm und Kresnik das Nürnberger Ballett zur Verfügung. In sieben Interludien stellen die acht Tänzerinnen ein mehr als superbes , selbst-choreographiertes modernes Ballett auf die Bühne, das alleine schon einen eigenen Abend wert wäre. Glanert schrieb für Richard Kindley, den Schiffskoch Fitte eine wunderbare und dankbare Alterspartie, der Superkargo Nicolai Karnolski läßt mit seinem abgründigen Baß jeden Holländer als eine gutgelaunte Waldorfkindergartentante erscheinen. Kurt Schober gibt einen überzeugenden Kapitän, der sich scheinbar mühelos durch die komplizierte Partitur singt. Die Mezzosopranistin Anna Lapkovskaja in der Hosenrolle des Gustav und Heidi Elisabeth Meier als Elena/Tutein sind ein Sängerinnenpaar das keine Wünsche offen läßt. Der Chor unter Edgar Hykel war wie immer in Nürnberg stupend, eine grandiose Leistung, diesen schwierigen Text so sprachsicher und deutlich zu singen. Daß der begnadete Guido Johannes Rumstadt die Partitur aufs Vortrefflichste meisterte, überraschte nicht. Die Nürnberger Philharmoniker kamen mit der Partitur, die niemals provozierte, dafür aber stets für einen angenehmen, ausgeglichenen modernen Klang verstrahlte, der wie so häufig bei Glanert immer noch der Spätromantik verpflichtet scheint, bestens zurecht.
Johannes Kresnik erfüllte mit seiner Regie die hochgeschraubten Erwartungen nicht. Viel
Abschließend möchte ich bemerken, daß am 09.10.2010 mit der Uraufführung des Holzschiffes in Nürnberg ein Stück Operngeschichte geschrieben wurde und lege jedem Opernfreund einen Besuch in der Noris nahe, denn das Nachspielen des Werk von Detlef Glanert wird aufgrund des riesigen Orchesterapparates für kleine und mittlere Häuser schier unmöglich sein. Bleibt zu hoffen, daß „Das Holzschiff“ seinen Weg auf die kleinen Silberscheiben findet. Verdient hat es diese Musik allemal. Redaktion: Frank Becker |