Musikstunde

Eine kleine Plauderei über Enrico Caruso, Lucio Dalla, Cesare Siepi und die Beatles

von Konrad Beikircher

Foto © Frank Becker
Konrad Beikircher
Musikstunde
 
Eine kleine Plauderei
über Enrico Caruso, Lucio Dalla,
Cesare Siepi und die Beatles


Einen schönen guten Morgen, meine Lieben!
 
Heute möchte ich Ihnen von Enrico Caruso erzählen, aber nicht von dem Enrico Caruso, der in der Gasse unmittelbar vor dem Auftritt gerne noch eine Zigarre rauchte, sondern von dem, dem Lucio Dalla eines seiner schönsten Lieder widmete, das obendrein ein tolles Lied ist, außer wenn es Luciano Pavarotti singt, der sich wegen seiner stimmlichen Nähe zu Caruso sicher ganz besonders geeignet vorkam, dieses Lied zu interpretieren, und es ist nur übelster, schwülstiger Kitsch herausgekommen, nein, schön ist dieses Lied über Caruso nur, wenn es der Meister, Lucio Dalla, selber singt, weil es dann eben so klingt, wie ein italienischer Naturtenor zu singen hat und nicht so, wie es der geschulte Belcantist singt. Die Redaktion hat keine Mühen gescheut und für Sie im Internet eine Verbindung zu Lucio Dalla geknüpft, damit Sie sich selber überzeugen können – einfach anklicken, voilà!
 
Und damit Sie wissen, wovon diese Hommage an Enrico Caruso handelt, dieses traurige Liebeslied, übersetze ich es Ihnen: „Hier auf der alten Terrasse vor dem Golf von Sorrento, wo das Meer funkelt und der Wind stürmt, umarmt ein Mann ein Mädchen, nachdem es geweint hat, dann klärt sich seine Stimme und er fängt wieder an zu singen
Er sah die Lichter mitten auf dem Meer und dachte an die Nächte drüben in Amerika, aber es waren nur Schiffslampen und die weiße Gischt einer Schiffsschraube. Er spürte den Schmerz in der Musik und stand vom Klavier auf. Aber als er sah, wie der Mond hinter einer Wolke hervorkam, schien ihm selbst der Tod noch süß. Er schaute dem Mädchen in die Augen, so grün wie das Meer, dann weinte sie eine Träne und er glaubte zu ertrinken.
Macht der Poesie: jedes Drama kann ein falsches sein und du kannst mit ein bißchen Make up und Mimik ein anderer sein. Aber zwei Augen, die dich so nah und aufrichtig anschauen, lassen dich die Worte, die die Gedanken durcheinander bringen, vergessen. So wurde alles klein, auch die Nächte dort drüben in Amerika – du drehst dich um und siehst dein Leben wie die Gischt einer Schiffsschraube, so ist es eben, das Leben, wenn es sich seinem Ende zuneigt. Er aber machte sich keine großen Gedanken darüber, im Gegenteil, er fühlte sich fast glücklich und begann wieder mit seinem Lied:
Ich liebe Dich sehr, so sehr
Es ist wie eine Kette, die sich im Blut in meinen Venen löst.“
 
Hat doch was, oder?! Es gibt Menschen, die werden zur Legende, während sie noch leben. Adenauer war so einer, Pele - das ist aber die einzige Konzession an die Fußball-WM und die nach wie vor zu feiernde Tatsache, daß die Spanier Weltmeister geworden sind, obwohl sie gegen die Schweiz verloren haben, was eigentlich schon dazu hätte führen müssen, daß Herr Blatter den Matadoren seiner Confoederatio Helvetica den Pokal hätte übergeben müssen, in Erinnerung an die Schlacht bei Morgarten, oder?!! – Adenauer also, war so eine „Zu-Lebzeiten-Schon-Legende“, wie gesagt Pele und natürlich Cesare Siepi. Sie sind zu Lebzeiten schon Legende, diese Wunder-Menschen, dann hört man irgendwie nix mehr von ihnen und wenn dann die Todesnachricht kommt, fragt man sich: „Wie?! Der hat noch gelebt?“, na ja, der Mensch ist ungenau und ungerecht, aber beides zu gleichen Teilen. Cesare Siepi also ist gestorben. Er hatte eine der - und angesichts der Hunderttausende von weiblichen Fans sei dieses Wort erlaubt: - er hatte eine der geilsten Stimmen aller Zeiten. Der Samt seines Baß-Baritons und die männliche Weichheit seiner Stimmfarbe lassen Frauen heute noch im Innersten erbeben, so muß ein Mann klingen, so muß er sein. Dieser Stimme glaubt man einfach den Don Giovanni und man weiß nach dem ersten Ton: der kann sie alle haben, sie haben dieser Stimme nichts entgegenzusetzen, Widerstand ist zwecklos. Und ich habe sie als Student beim Bühneneingang an der Staatsoper in Wien stehen sehen, seine Verehrerinnen, mit schimmernden Augen haben sie auf ihn gewartet, sie hätten wochenlang da gestanden wie in Trance, weil sie ihn liebten. Er war so Mann, wie es der an ihrer Seite niemals sein konnte und wenn er dann auch noch lächelte war es aus, definitiv aus. Sein  „Deh vieni alla finestra“ aus dem Don Giovanni ist unerreicht – und das sage ich als absoluter Ezio Pinza Verehrer! – und spätestens bei der Champagner-Arie sanken sie dahin. Er ist am 5. Juli mit 87 Jahren in Atlanta im Bundesstaat Georgia gestorben. Und weil ihn viele nicht mehr kennen, schrieb die dpa nur ein paar Zeilen und die auch noch daneben: mit der Rolle des Gurnemanz im Parsifal und des Sarastro sei er berühmt geworden. Der Mensch ist, ich sagte es schon: ungenau und ungerecht, aber beides zu gleichen Teilen, Wir wissen es besser: hier ist seine Stimme: Augen zu und einfach in den Himmel fliegen!
 
Wir lassen die letzten Strahlen der Herbst-Sonne auf uns scheinen und freuen uns, daß wir auf der Welt sind, was ich mit einem kleinen Stückchen Musik feiern möchte, das ich für eines der geschmackvollsten aus ihrer Feder halte: Here comes the sun von den Beatles, von denen ich nie ein wirklich großer Fan war, aber dieses Stück kann man doch auch hier mal nett in den Dienstag leuchten lassen, als Danke schön für etwas, was einfach schön ist: Sonne, Sonnenschein und Wärme!
 
Einen schönen Tag wünscht Ihnen mit einem zauberhaften Filmchen zu  "Here comes the Sun" von den Beatles
 
Ihr
Konrad Beikircher


© Konrad Beikircher - Erste Veröffentlichung in dieser Form in den Musenblättern 2010
Redaktion: Frank Becker