Muß ein Historisches Zentrum alt aussehen?

Ein offenes Wort

von Frank Becker

Muß ein Historisches Zentrum
alt aussehen?


Die Stadt Remscheid hat ihr Historisches Zentrum, zugleich Stadtarchiv, Heimatmuseum und Verwaltungssitz des Deutschen Werkzeugmuseums - also Visitenkarte und Aushängeschild der Werkzeugstadt - in einem repräsentativen altbergischen Patrizierhaus untergebacht, dem 1778 im Stil des Bergischen Rokoko erbauten ehemaligen Wohnhaus der Werkzeug-Kaufleute Cleff. Das prächtige Doppelhaus mit seiner typischen Bergischen Verschieferung, dem Bruchsteinsockel und den klassischen weiß-grünen Fenstern sieht schmuck aus - wenn man nicht näher hinschaut. Tut man es doch, kommt einen ein großer Kummer an. Es sieht nämlich aus, als sei das Haus seit wenigstens einem guten Vierteljahrhundert nicht gestrichen worden, als sei die Stadt Remscheid so pleite, daß sie sich nicht imstande sieht, den offensichtlich fortschreitenden Verfall der Substanz dieses einzigartigen Baudenkmals aufzuhalten. Die Farbe platzt und blättert ab, das Holz der imposanten Kassetten-Türen mit den Löwen-Klopfern zieht Wasser, ist anscheinend vom bekannten Bergischen Regen durchweicht und da, wo einmal Metall lackiert war, zeigt sich unübersehbarer Rost.


Foto © Frank Becker

Wer nun aber glaubt, dieser Verfall sei das Werk von Jahrzehnten, dem Zahn der Zeit geschuldet, irrt. Wie zu hören ist, wurde das Haus vor kaum mehr als fünf Jahren von einem
Meisterbetrieb der Remscheider Malerinnung im Auftrag der Stadt - man darf annehmen für gutes Geld - gestrichen. Schon während der Anstreicherarbeiten wurden von Fachleuten - hört man aus informierter Quelle - Zweifel an der fachlichen Ausführung der Malerarbeiten geäußert, vom nämlichen Betrieb aber abgebügelt. Nicht lange nach den Renovierungsarbeiten begann die Farbe sich vom historischen Untergrund zu verabschieden. Der zur Nachbesserung aufgeforderte Remscheider Fachbetrieb zierte sich zunächst, mußte aber vor dem jammervollen Bild, das sich bald bot, einen Rückzieher machen und versprach, die Arbeiten neu auszuführen. Mal um Mal. Seither sind Jahre ins Land gegangen. Die historische Substanz verfällt, die zuständige Bauverwaltung der Stadt schludert, anstatt sich nachdrücklich um Schadenersatz und den Schutz des unersetzlichen Gebäudes zu kümmern, weist Kritiker mit lächerlichen Kompetenzhinweisen in interne Zuständigkeitsschranken - und schaut untätig zu.

Es wäre doch von allgemeinem Interesse zu erfahren, welcher städtische Beamte oder Funktionsträger zugeben muß, für diese unhaltbaren Zustände verantwortlich zu sein. Einer muß es ja sein. Am Ende war es dann vielleicht doch wieder mal keiner, wenn die Kosten der Renovierung durch Versäumnisse des Bauamtes außer jedem Verhältnis stehen. Oder Verantwortliche schieben die Schuld Untergebenen zu. Oder gehen in Rente. Soll es ja auch geben. Und wenn alle Stricke reißen, kann man ja immer noch den Steuerzahler zur Kasse bitten. Sollten Sie, liebe Leser im Bergischen Land, einmal die schöne Stadt Remscheid besuchen, versäumen Sie nicht, sich die schreiende Schande an den historischen Häusern Hastener Straße 100-102 anzuschauen. Und wenn Sie Remscheider sind, schreiben Sie doch einen Brief an Ihre Oberbürgermeisterin. Die will ja wiedergewählt werden.

Ach ja, zum besseren Verständnis und damit hinterher keiner sagen kann, das sei doch gar nicht so schlimm, zeigen wir Ihnen hier eine kleine Bilderstrecke, aufgenommen am 20. Oktober 2010.

 
Foto © Frank Becker


 


 
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