Deutscher Werkbund | Gute Form

Eine Design-Ausstellung der Universität Wuppertal zum 100. Gründungsjubiläum des Werkbundes

von Frank Becker

Deutscher Werkbund | Gute Form

Die Universität Wuppertal präsentiert in ihren Ausstellungsräumen
im Kolkmannhaus Arbeiten und Entwürfe der fünf Gestalter
Burchartz · Ernst · Graeff · Rasch · Schwippert


Tonangebend


Über Jahrzehnte hat der Deutsche Werkbund (DWB), dessen Markenzeichen „Gute Form“ bis heute nachwirkt, durch einige seiner hervorragendsten Mitglieder den „guten Ton“ deutschen Gebrauchsdesigns angegeben. Zum 100. Gründungsjubiläum des Deutschen Werkbundes präsentiert der Lehrstuhl für Kunst- und Designgeschichte der Bergischen Universität Wuppertal rund 250 Exponate, Produkte, Schriften und Entwürfe der fünf maßgeblichen Werkbund-Mitglieder, deren Namen durch Geburt, Leben und Wirken mit dem Bergischen Land eng verbunden sind.

Dass Max Buchartz (1887 – 1961) in Wuppertal geboren wurde und seine Ausbildung an der


Jupp Ernst - Melitta "Zürich" - Foto © Frank Becker
Textilfachschule Barmen begann, Heinz Rasch (1902- 1996) in Elberfeld aufwuchs und später Werbechef der bedeutenden Lackfabrik Dr. Kurt Herberts wurde, Designer-Papst Jupp Ernst (1905 - 1987) nach dem Krieg u.a. Direktor der Werkkunstschule Wuppertal war, Bauhaus-, De Stijl- und Novembergruppe-Mitglied Werner Graeff (1901 – 1978) in Wuppertal geboren wurde und schließlich der in Remscheid geborene Hans Schwippert (1899 – 1973), der sich durch die Architektur des ersten Bundeshauses und die Planung der INTERBAU 1957 einen Namen machte, verlangt förmlich nach einer Ausstellung in der Region und macht Wuppertal mit seinem Lehrstuhl für Design-Geschichte legitim zum Designer-Standort mit Schwerpunkt DWB.


Umfangreiche Sammlung


Auch als Standort einer der umfangreichsten spezialisierten Design-Sammlungen deutscher


Ausstellungsraum Kolkmannhaus - Foto © Frank Becker
Hochschulen, zu denen sich die einstige Sammlung Werner Schriefers unter der Ägide von Prof. Dr. Gerda Breuer an der Uni Wuppertal entwickelt hat, kommt in diesem Zusammenhang in NRW kaum ein anderer Ort für eine solche Ausstellung in Frage, wie sie seit dem 12. Juni nun in den Ausstellungsräumen der Universität im Kolkmannhaus gezeigt wird. Möbel, Porzellan, Bestecke, Typographie, Architekturentwürfe, Gestaltung von Zeitschriften und Plakaten und Design von Gebrauchsgegenständen des Alltags vermitteln in zwei Abteilungen ein Bild der Guten Form.


Große Namen


Multitalent Graeff steht dabei in der Hauptsache für Typographie, Automobildesign und Verkehrsplanung (Beispiel: Nollendorfplatz in Berlin). Als Leiter der Fachklasse Fotografie an der Folkwang-Schule  Essen machte er sich ab 1951 nach seiner Rückkehr aus der Emigration einen Namen. Burchartz, bereits ab 1927 Professor für Fotografie und Werbegrafik an der


Heinz Rasch - Sparkasse Wuppertal
Foto © Frank Becker
Folkwang-Schule hat sich nach dem 2. Weltkrieg dort einen Namen als Professor für Typographie sowie als Fotograf und Kunstpädagoge gemacht. Heinz Rasch, Verfasser programmatischer Schriften des Werkbundes, wird vor allem als Möbeldesigner und mit Architekturmodellen vorgestellt. Die „Hängehausarchitektur“ wie z.B. bei der Stadtsparkasse Wuppertal (Foto) geht auf seine Entwürfe zurück.

Jupp Ernst hat als Leiter der Werkkunstschulen in Wuppertal und Kassel, Herausgeber von Design-Zeitschriften und als Ausrichter einer Sonderschau „Industrial Design“ der documenta III besonders prägende Spuren in der deutschen Formgebung hinterlassen. Die namhaften Unternehmen Melitta, Resopal, Deutsche Werkstätten Hellerau, Tapeten Rasch und nicht zuletzt Afri Cola mit der durch die Charles Wilp-Kampagne der 60er Jahre legendär gewordenen Flasche profitieren bis heute von seiner Kreativität.

Hans Schwippert schließlich, Architekt und Gestalter der Einrichtung des Bundeshauses in Bonn mit seinem halbrunden, verglasten Plenarsaal als Ausdruck demokratischer Transparenz und treibende Kraft hinter der Internationalen Bauausstellung INTERBAU 1957 in Berlin (Hansaviertel) wird mit


Hansaviertel Berlin - Archiv Becker
Entwürfen, hauptsächlich aber als Designer von Möbeln, Bestecken, Bucheinbänden und -gestaltungen und sogar sakralen Gegenständen vorgestellt. Als Leihgabe des Bonner „Haus der Geschichte“ ist ein Original-Abgeordneten-Sessel des 1. Bundesdeutschen Parlaments zu sehen.

Die Ausstellung ist bis zum 23. November zu besichtigen:  Hofaue 51-55 – 42103 Wuppertal - Samstag und Sonntag 11 - 16 Uhr und nach tel. Vereinbarung: 0202-4395703.


Literatur zur Ausstellung


Das sehr empfehlenswerte Buch zur Ausstellung: „Das gute Leben“ (Hrsg. Gerda Breuer), © 2007 Wasmuth Verlag,  behandelt auf 272 reich illustrierten Seiten + zusätzlichem Bildteil mit 96 unpaginierten Seiten in 17 Fachaufsätzen mustergültig Kultur, Architektur, Design und Fotografie im Deutschen Werkbund. Bibliographie und Biographien erschließen das Thema zusätzlich.

Parallel wird in der Schalterhalle der Stadtsparkasse Wuppertal-Elberfeld die Ausstellung „Konstruktion und Formerlebnis“ mit graphischen und plastischen Arbeiten von Max Burchartz, Werner Graeff und Jupp Ernst gezeigt. Zu dieser Ausstellung ist ein Katalog erschienen (s.u.).


Jupp Ernst - Afri Cola - Foto © Frank Becker

Ebenso zu empfehlen ist der kürzlich erschienene Band:  Gerda Breuer – „Jupp Ernst. Designer, Grafiker, Pädagoge“,  © 2007 Wasmuth Verlag, Tübingen/Berlin.

Das dem Werk Schwipperts gewidmete Buch: „Hans Schwippert. Moral des Einfachen“, (Hrsg. Gerda Breuer) ist in Vorbereitung.


Weitere Literatur zum Thema:  
Gerda Breuer: „Willi Moegle – Die Sachfotografie“, © 2005 Hatje Cantz Verlag, 191 Seiten, geb.

„Designgeschichte ausstellen – Die Designsammlung der Universität Wuppertal“ (Hrsg. Gerda Breuer) © 2005 Bergische Universität Wuppertal, 254 Seiten, geb.
„Konstruktion und Formerlebnis – Werkbund und Freie Kunst“ (Katalog - Hrsg. Andreas Zeising), 2007 Bergische Universität Wuppertal, 127 Seiten, geb.


- Alle genannten Publikationen sind in der Ausstellung zu bekommen. -