Emil und die Detektive

Eine große Familiengaudi im Jungen Theater Bonn

von Peter Bilsing
Emil und die Detektive
 
Eine große Familiengaudi
 Das Junge Theater Bonn - PR am 18.9.2010
 
Das JUNGE THEATER Bonn gibt es seit 1969. Das Ensemble des JTB besteht aus nur rund zwanzig festangestellten Schauspielern, Technikern, Verwaltung. Man produziert pro Saison 4-5 neue Stücke für Zuschauer aller Altersgruppen. Die fleißige Truppe bietet rund 250 Vorstellungen in Bonn an und 70 weitere als Gastspiele. Eine fast unglaubliche Leistung und ein Riesenengagement.
 
Mit rund 100.000 Zuschauern, eine Zahl die manch großes Haus erblassen läßt, hat man anscheinend ein treues Publikum gefunden und an sich gebunden. Daß diese Truppe nur 15 Prozent staatliche Zuschüsse bekommt und die restlichen 85 Prozent erwirtschaften muß, ist ein unnötiges Damoklesschwert, wenn man weiß, daß es bei der Bonner Oper z.B. genau umgekehrt ist. Bei den Kleinen spart man halt. Dabei sind es genau die Menschen, welche später das Publikum der großen Häuser bilden. Hallo Bonner Lokalpolitiker! Hier verkehrt Euer Theater-Publikum von morgen!
 
Bei den JTB-Produktionen haben die mitwirkenden Kinder und Jugendlichen die Möglichkeit, aktiv und verantwortlich jede Inszenierung mitzugestalten – im Rahmen der Vorgaben durch das Stück. Ein großer Teil der jungen Leute kommt aus der 2001 eigens gegründeten Theaterwerkstatt des JTB. Dort nehmen rund 800 junge Talente jährlich an den verschiedenen Schauspiel- und Theaterkursen für alle Altersgruppen teil. Eine ganz phantastische Sache! So etwas sollte Vorbild sein für viele andere Städte, insbesondere Großstädte. Bei diesem Stichwort sind wir beim neuen Stück:
 
In Erich Kästners Kinderbuch-Klassiker „Emil und die Detektive“ spielen insgesamt 22 Kinder in zwei gleichwertigen alternierenden Besetzungen mit; dazu kommen noch sieben Erwachsene. Auch hier wäre manch großes Theater froh, wenn es alle Rollen eines Stückes doppelt besetzen könnte. Sehr professionell.
Regisseur Andreas Lachnit, quasi Hausregisseur am JTB, aber auch bundesweit tätig, hat das Stück gänzlich im alten Rahmen gelassen. Es gibt keine Modernisierungen, und es wird auch reichlich herumberlinert, zur Freude des bunten Publikums. Lachnit hat anscheinend aus der letzten modernen ziemlich mißglückten Filmfassung (Franziska Buch, 2001) gelernt und läßt seinen Kästner quasi vom Blatt spielen. Requisiten sind im Stil von großen Kinderbildern (Sehr phantasiereich: Sandra van Slooten) auf Kisten und Wänden nur angedeutet und erfordern großes Improvisationstalent der Darsteller, die ihre Sache hervorragend machen. Große Gaudi bei den Zuschauern, wenn die Darsteller auf dem Sitz hoppelnd die Illusion eines fahrenden Zuges herstellen. Wirklich zum Krümeln…


Herr Grundeis (Dimetrio Giovanni Rupp)und Emil Tischbein
Die Seele und Geist erfrischende höchst kreative Musik wurde von Marc Schubring komponiert (Dialoge und Liedtexte: Wolfgang Abendberg), die lebendige Choreografie und musikalische Leitung hatte Valerie Simmonds. Fein ausziselierte Musikthemen gipfeln in regelrechten Ohrwürmern. Das sensible und augenscheinlich hoch musik-erfahrene Publikum ist mit Klatschmärschen dabei, wenn es irgendwie nur geht. Da kommt gute Laune auf.
 
Darstellerisch sind alle wunderbar – ein Darstellerkollektiv, ein Team von echter schauspielerischer Ausgewogenheit. Kinder, Ihr wart super! Wenn ich jetzt doch noch jemanden heraushebe, dann seien bitte die anderen Erwachsenen nicht böse, aber Dimetrio Giovanni Rupp bot Extraklasse. Seine sowohl sprachlich eloquente, als auch körperlich wendige Auslegung des Bösewichts verdient ein Sonderlob. Das Wort von großer Schauspielkunst ist hier sicherlich nicht übertrieben, und wenn ich mich nicht sehr irre, hat er eine große Zukunft als Schauspieler vor sich.
 
Witzig, daß Regisseur Lachnit auch noch selber als begleitender Erzähler auftritt. Nicht zu vergessen die herrlich bunten und nostalgische Kostümentwürfe von Rebecca Ahmed. Ein Abend für die Familie inklusive Opa, Oma und die kleinen Geschwister. Auch für die Allerkleinsten (Ich würde sagen: Kinder ab 4 Jahren) eine treffliche Unterhaltung.



Übernahme aus
DER OPERNFREUND - Redaktion: Frank Becker