Tastenzauber

Gerlint Böttcher bei "Weltklassik Klavier"

von Frank Becker

Gerlint Böttcher - Foto: Veranstalter
Tastenzauber
 
Gerlint Böttcher
spielte
Mendelssohn, Mozart, Liszt,
Bach, Schubert und Chopin
 

Die Liste der jüngst in der Klosterkirche von Gerlint Böttcher (36) vorgestellten Komponisten liest sich wie ein Adelskalender der Klaviermusik, die Werke hat sie nach dem Titel eines der aufgeführten Liszt-Stücke unter das irreführende Motto „Gnomenreigen“ gestellt. Daß das Konzert nichts, aber auch gar nichts gnomenhaftes hatte, lag ganz nebenbei auch an der Eleganz der gertenschlanken Pianistin, die im bodenlangen nachtblauen Pailletten-Kleid, mit halsbrecherischen Hi-Heels und Kurzhaar-Frisur eine blendende Erscheinung war. Halsbrecherisch wie das Schuhwerk auch die grandiose Beherrschung des Flügels, auf dem sie auch in schwierigsten Passagen mit traumwandlerischer Sicherheit brillierte.
 
Heiter bewegt, mit flinken, eleganten Läufen, ungemein fingerfertig mal zart, mal elegant angeschlagen eröffnete Mendelssohn-Bartholdys Rondo capriccioso op. 14 den Reigen, wie schwerelos bis zum furiosen Finale gespielt. Daß Gerlint Böttcher das Rondo wie das übrige Konzert ohne Blatt gab, versteht sich am Rande. Mit einer sehr persönlichen Auffassung von W.A. Mozarts „Ah! Vous dirai-je, Maman“ in brillant interpretierten Variationen und raffiniert dissonanter Technik setzte sie das erlesene Programm fort, während sich draußen ein heftiges Sommergewitter entlud. Diesem virtuosen Spiel mit Tempi, Tonlagen und den 88 Tasten ließ sie gleich ein weiteres folgen, wie ein Chamäleon die Musikfarbe dem Komponisten entsprechend wechselnd: Liszt mit drei Etüden des besonders bei der Paganini-Etüde Nr. 2 kraft- und temperamentvoll zupackenden Fachs.
 
Sehr zärtlich und einen Hauch populär gefärbt verwöhnte die Künstlerin nach der Pause mit dem Siciliano aus J.S. Bachs Flötensonate BWV 103, die berührend an die Interpretation des Flötisten Thijs van Leer erinnerte. Ein Gassenhauer ist Bachs „Jesu bleibet meine Freude“ aus BWV 147, jeder kennt es und viele von Jacques Loussier über Ward Swingle bis Ingfried Hoffmann haben es zum Hit erhoben.
Feinnervig, perlend, rollend und sanft wogend erklang Franz Schuberts Impromptu Nr. 3, gefolgt vom flotten Lauf des Impromptu Nr. 4, geschrieben kurz vor seinem tragisch frühen Tod im Jahr 1828. Von großer Wucht und anspruchsvoller Brillanz ist Frédéric Chopins Scherzo Nr. 2 op. 31 aus dem Jahr 1837. Gerlint Böttcher vermittelte die Kraft des gewaltig angelegten Werks. Mit zwei begeistert geforderten Zugaben bedankte sie sich: von großer Delikatesse und scheinbarer Leichtigkeit ein weiteres Schubert-Stück und als Betthupferl Johannes Brahms´ Melodie zu „Guten Abend, gute Nacht“ aus dem „Wunderhorn“. Glanzvoll.