Viele Jahre schwere Fron...

Leo P. Ard - "Mein Vater, der Mörder"

von Andreas Rehnolt und Frank Becker
Alles liegt so weit, so weit...
 
Nachkriegsdeutschland, Zechenarbeit, Fremdenlegion, der Indochina-Krieg  zwischen den Viet Minh und der geschlagenen Kolonialmacht Frankreich und der scheinbar motivlose Mord 50 Jahre später an einem alten Mann und früheren Fremdenlegionär in einem Sterbehospiz in Bochum-Wattenscheid sind die Versatzstücke des packenden neuen Kriminalromans von Leo P. Ard, der in die 1950er Jahre nach Vietnam führt. Hauptkommissarin Sonja Kruse von der Kripo Bochum muß zur Lösung des Falls sehr alte Spuren aufnehmen, Verbindungen erkennen und Fäden verknüpfen. Leo P. Ard* hat mit dem ambitionierten Roman "Mein Vater, der Mörder" einen packenden Krimi vorgelegt, der jetzt im Dortmunder grafit-Verlag erschienen ist. Das Buch ist hervorragend recherchiert und nimmt ein heutzutage kaum mehr beachtetes Phänomen in den Fokus, das in den 50er und 60er Jahren viele Illustriertenseiten füllte: "Deutsche in der Fremdenlegion".
 
Leo P. Ard schildert die Suche des Radio-Moderators Frank Berger nach Spuren der Vergangenheit seines eigenen Vaters, von dessen Leben in der „Légion étrangère“ er nicht wußte und nach seiner Halbschwester in Saigon/Vietnam, die sein Vater damals gezeugt hat. Er tut es gegen den Widerstand des Vaters und muß dabei mehrfach schmerzhaft erfahren, daß die Verbundenheit zwischen alten Legionären in seinem Fall stärker ist, als die zwischen Vater und Sohn. Denn es gibt offenbar auch ein halbes Jahrhundert später noch Interesse daran und Veranlassung, ihn am Erfolg seiner Recherche zu hindern. Fesselnd erzählt Leo P. Ard auch von den Gründen, die im Nachkriegsdeutschland junge Männer zur Legion trieben.

Die tagebuchartigen Episoden von Franks Vater Günther Berger, der 1952 mit drei weiteren Deutschen versucht, sieben Jahre nach dem Zusammenbruch des Reichs und der Auflösung der Wehmacht im französischen Sold im Indochina-Krieg zu überleben, berichten vom Kriegsalltag in Vietnam - mit allen seinen Schattenseiten. Durch Rückblenden wird der fesselnde Stoff in weiten Teilen auch zu einer Art historischen Zeitreise mit Stationen wie Marseille, Saigon, Da Nang und Dien Bien Phu. Die Vergewaltigung einer jungen Vietnamesin und der Mord an einem "Kameraden" sind äußere Zeichen der tief gehenden inneren Verwahrlosung der jungen Männer. 
 
Das alles wird im Verlauf des Kriminalromans aufgehellt, mehr als 50 Jahre nach den verdrängten, nicht jedoch vergessenen Taten. Dabei geht es auch um das Jahrzehnte lange, quälende Schweigen der Täter, um deren spätere bürgerliche Existenz und dem vor nichts Halt machenden Wunsch, die brüchige eigene Fassade „sauber“ aufrecht zu erhalten.
 
 
*Leo P. Ard, eigentlich Jürgen Pomorin, wurde 1953 in Bochum geboren. Er war Bankkaufmann, später Journalist und Dokumentarfilmer, bevor er als Krimiautor mit der „Ekel von Datteln“-Serie bei grafit seinen schriftstellerischen Durchbruch hatte. Als Drehbuchautor (Tatort, Polizeiruf 110, Ein starkes Team u.a.) hat er mittlerweile ebenfalls Meriten erworben. Leo P. Ard wurde 1995 mit dem Grimme-Preis für „Totes Gleis“ ausgezeichnet. Er lebt auf Mallorca und in Bochum.
 
Redaktion: Frank Becker
Beispielbild

Leo P. Ard
Mein Vater, der Mörder
 
Kriminalroman
 
© 2010 grafit Verlag, Dortmund
280 Seiten Broschur, ISBN 978-3-89425-375-2
9,50 €
 
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