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Eine Werkschau der Arbeiten des Fotografen Ralf Peters

von Frank Becker

© Hatje Cantz
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Eine Werkschau der Arbeiten
des Fotografen Ralf Peters



Man kommt nicht umhin zuzugeben, daß bereits mit dem ersten Aufschlagen dieses Buches
die Welt um einen herum versinkt. Wer Ralf Peters Bildband "Until Today" in die Hand nimmt, geht mit ihm unmittelbar auf eine herrliche Reise mit Endlosschleife. Du spürst sogleich, daß Du Dich darin verlierst, und gibst Dich gern verloren - zu schön ist es, in die phantastischen Bildwelten zwischen Realität und geschickter Manipulation einzusinken.


Auf den zweiten Blick

Ralf Peters (*1960) schaut hin. Genau. Gut, das tun (fast) alle Fotografen. Er aber scheint noch ein wenig genauer auf das zu achten, was die Situation, die Szene, das Objekt so besonders macht - und er weiß akkurat dieses Besondere dadurch zu fixieren, daß er Serien solcher Sujets macht. Die

© Ralf Peters, Porträts bei Nacht - Rot, S. 29
bearbeitet Peters mitunter so raffiniert, daß man erst nach langem Grübeln den künstlerischen Kniff, oder sollte man sagen: Pfiff erkennt. Ralf Peters´ Kunstgriff ist, den Dingen, Landschaften, Objekten, ja sogar den Menschen auf seinen Bildern ihre Identität zu nehmen, sie ins Irgend- oder Nirgendwo zu versetzen, womit sie ambivalent werden. In der Gruppierung wird die Eigentümlichkeit der gewählten Motivserie deutlich. Nehmen wir die in nächtlicher Stille ruhende Serie "Tankstellen" (1998) als Beispiel: hier hat Ralf Peters - erst beim zweiten oder gar dritten Blick geht dem Betrachter ein Licht auf - die Markennamen der Ölgesellschaften entfernt, was die Szene beinahe zu einem Niemandsland werden läßt. Bestechend die klare und farbliche Ästhetik, mit der Peters die Bilder arrangiert, ganz ähnlich die Schablonen von Supermarkt-Fassaden (1998).

Entindividualisiert - Anonym


© Ralf Peters, Candies 11, S. 111

Es ist fast unheimlich, wie Ralf Peters auch Menschen anonymisiert, ob er in seinen "Porträts bei Nacht" (1998) die Einsamkeit der nächtlichen Isolation fühlbar macht, mit "Different Persons" (2006) die Individualität von Gesichtern aufzuheben scheint oder in "Porträts von Porträts" (2001) den Vorgang des Fotografierens über die Beteiligten stellt. Doch auch Landschaften werden in Peters´Arbeiten ihres Charakters entkleidet: Die Serie "Candies" (2002/03) löst in verlaufenden Bonbonfarben Konturen auf, stellt das bearbeitete Bild über sein Objekt. "Hours" (2008) rückt durch seitliche Schattierung einen Bildausschnitt (eine Treppe, Bahngleise, das Empire State Building etc.) beinahe möchte man sagen: geräuschlos in den Mittelpunkt. Eine Reihe von Einzelarbeiten (1999-2007) aus verschiedenen Genres zeigt ebenfalls den brillanten Blick des Fotografen, ein sati(e)rischer Streifzug durch die Malerei des 19./20.Jahrhunderts, der das üppige Buch mit spaßigen Adaptionen bekannter Gemälde beschließt, läßt Ralf Peters auch als Humoristen erkennen.
 

© Ralf Peters, Tankstelle Weiß-Blau, S. 18


Ralf Peters - Until Today
Fotografien zwischen Manipulation und Dokumentation

© Ralf Peters, Vermeer, Mädchen mit dem
Perlenohrring, S. 191
Einblicke in alle Werkserien des Künstlers
Hrsg. Bernhard Knaus, Text von Klaus Honnef, Heinz Kattner, Renate Puvogel, Raimar Stange, Gestaltung von Naroska Design
 
© 2010 Hatje Cantz, 212 Seiten, 410 farbige Abb., 25,60 x 28,10 cm, gebunden, umfangreicher Appendix mit Einztelerläuterungen und Biographie - Deutsch, Englisch  | ISBN: 978-3-7757-2608-5
€ 39,80 / CHF 69,-
 
Weitere Informationen unter: www.hatjecantz.de  und  www.r-peters.de