Robin Hood

Ridley Scott zeigt großes Kino

von Peter Bilsing
Robin Hood war gestern

Ridley Scott zeigt großes Kino
 

Lange war ich nicht so begeistert im Kino. Ein wirklich schöner Film – und dennoch beim Publikum sehr umstritten. Da teilen sich die Geister. Schon bei der Premiere am 13. Mai verließen Einige (vor allem Teenies und unbedarfte Diskotypen sowie zappelige Popcorn- und Pommesfans) völlig verdattert und enttäuscht das Kino. Zuwenig „Äkschen“, kein Unterhosenhumor, sorry no sex, keine dämlichen Helden-Sprüche, keine Matschwerferei und überhaupt „viel zuviel Historienschinken“. Wobei man bei dem Begriff „Historie“ natürlich schmunzeln sollte. Die Geschichtsprofessoren werden viel zu kritisieren haben und dennoch wurde das Mittelalter und die verlogenen Schlagetot-Raubzüge (offizielle Bezeichnung: Kreuzzüge) selten so kritisch dargestellt. Zurecht fragt der junge König, nachdem sein Vater während der Rückkehr heimtückisch von den Franzosen ermordet wurde, seine Mutter Queen Mom „Was habt ihr mir übrig gelassen? Ihr habt den ganzen Reichtum des Britischen Empire in sinnlosen Kreuzzügen verpulvert. Jetzt muß ich das Volk auspressen“. (Ähnliches mit anderer Begründung werden wir von Frau Merkel bald hören – sic!)
 
Was stört aber viele der heutigen Kinogänger, warum verläßt die Popcorn-Generation verärgert das Kino in dem endlich mal wieder Qualität geboten wird? Ich denke mir:
 
1) - ob der enormen Länge von 2,5 Stunde (Immerhin eine Eisholpause nach 90 Minuten) - kein Film für die Video-Clip-Generation, alles schöne ruhige lange Szenen, Ausnahme das Kampfgetümmel.
2) - ob der Nichtbedienung aller üblichen und bekannten und tausendfach aufgekochten Robin-Hood-Klischees; die Outlaw-Flitzebogen-Story fängt erst in der letzten Filmminute an, der Name Sherwood Forrest fällt gar nicht, wenn ich mich richtig erinnere... Der Film spielt im zeitlichen Vorfeld: Rückkehr der geschundenen englischen Kreuzzügler – einer davon ist eben der Robin Hood. Einfacher Scharfschütze in der Armee von Richard Löwenherz und dennoch Auserwählter. Mehr verrate ich nicht! Denn die charakterliche Entwicklung dieses Robin ist Kern des Films.
3) - ob des fast 2 Stunden andauernden wundervollen Mangels an rüden Brutalitäten oder Folterszenen
 
Darstellerisch eine ununterbrochene Augenweide - lauter Gesichter, teilweise Shakespeare-Darsteller, an denen man sich alleine schon optisch satt sehen könnte: Russell Crowe, Cate Blanchett, Max von Sydow, William Hurt, Mark Strong, Oscar Isaac, Danny Huston, Eileen Atkins u.v.a. Charakterköpfe auf welche die Kamera schonungslos draufhalten kann und die auch der schäbige Dreck und Schmutz des Mittelalters noch ziert.
 
Ridley Scott bringt viele Filmzitate u. a. wird durch die quasi historische Landung der Engländer an Brittaniens Steilküste die Landung der Alliierten 45 genau nachgestellt - ausgesprochen gut gemacht. Ob das alles wirklich so stattgefunden hat ist eigentlich egal. Tolles Kino! Immerhin hat man permanent den Eindruck, daß es durchaus so hätte gewesen sein können. Ein beachtliches Drehbuch, wunderbare Musik und eine superbe Kamera. Nebenbei bemerkt: Der ideale Ansatz für Geschichtslehrer, damit ihre Schüler sich anschließend (freiwillig!) mal mit dem Thema "England" bzw. „Kreuzzüge“ intensiv beschäftigen.
 
Nichts für Flitzebogenfans a la "Avatar". Kein Kinderfilm! Natürlich ist Crowe kein Robbigrobb, der Beschützer von Witwen und Weisen; auch kein smartes "Weichei", wie Kevin Costner, bei dem ich immer die Vorstellung habe, er könnte auch als Parfum-Verkäufer durchgehen. Crowe ist Crowe – ist „Gladiator“ II und dafür alleine lohnt sich der Film. Alle weiteren Rollen sind auch mit superben Schauspielern besetzt: Cate Blanchett, Max von Sydow, William Hurt , Marc Strong, Oscar Isaac, Danny Huston...usw. - Gesichter bei denen sich Nahaufnahmen lohnen - Altersweisheit und cineastisches Gestaltungsgenie porentief ausgeleuchtet.
 
Ein Film der Universal-Studios, der in der Tradition des guten alten epischen Supercinemascope- Kinos a la „Ben Hur“, „Cleopatra“, „Die zehn Gebote“, „Lawrence von Arabien“ etc. steht und quasi ein letzte Hommage an dieses Genre ist – eben richtig gutes ganz großes altes Kino. Wunderbar! Die Leinwand kann nicht groß genug sein. Bitte wählt das größte Kino der Stadt.

Trailer zum Film:  www.youtube.com/watch  und  film.edelight.de

Redaktion: Frank Becker