Bohuslav Martinus "Griechische Passion"

Wuppertal zeigt ein selten aufgeführtes Werk nach Nikos Kazantzakis

von Martin Freitag

Foto © Frank Becker
Griechische Passion
 
Premiere am 13.03.10, besuchte Vorstellung am 10.04.10
 
Bedrohte Tierarten gibt es schon lange, ärgerlicherweise wächst auch die Liste mit den bedrohten Theatern in Deutschland, die Wuppertaler Bühnen gehören leider aufgrund drastischer Sparzwänge dazu. Umso mehr muß man hervorheben, mit welchem Mut an solchen Häusern eine interessante Spielplanpolitik betrieben wird, die vor Aufführung so aufwendiger Werke wie Bohuslav Martinus "Griechischer Passion" nicht zurückschreckt. Martinus Oper nach einem Roman des griechischen Autors Nikos Kazantzakis ist von einer Thematik, wie sie aktueller nicht sein kann: dem Umgang mit Flüchtlingen vor dem Hintergrund christlichen Glaubens.
 
Entschieden hat man sich auch für die sperrigere erste Version, die Martinu später für die Zürcher Uraufführung noch mehr in Richtung Oper überarbeitete, dabei ist gerade der Wechsel zwischen den musikalischen Stilen von besonderem Reiz, die Musik ist dabei durchweg harmonisch und berührt mit ihren Anklängen an griechisch-orthodoxe Choräle auch den "einfachen" Musikliebhaber auf sehr direkte Weise.
Hilary Griffith hat den großen Orchesterapparat, der oft kammermusikalisch benutzt wird, bestens in Griff. Das Sinfonieorchester Wuppertal spielt sich dabei fast die Seele aus dem Leib, die vielen solistischen Stellen klingen beherzt und hochemotional. Sensationell auch das riesige Choraufgebot, zu den Chören , Extrachören und Kinderchören des Hauses treffen auch noch die Chöre und Kinderchöre der Wuppertaler Kurrende, alle bestens präpariert und äußerst klangschön, da würde man sich glatt mehr große Choropern wünschen. Aus der  großen Zahl der Solisten seien vor allem der etwas opernhafte, doch herrlich baritonal klingende Tenor Dominik Wortig als Manolios und die sinnlich agierende Katerina der überragenden Mezzosopanistin Joslyn Rechter als Zentrum der Aufführung herausgestellt, Christus und Maria Magdalena im Passionsspiel. 
 
Christian Sturm (Michelis/Johannes), Miljan Milovic (Kostandis/Jakobus) und der sehr präsente Boris Leisenheimer ( Yannakos/Petrus) unterstützen die Passionsspieler überzeugend. Der sonore Baß Darius Machejs gefällt als Priester Fotis, der die vertriebenen Griechen anführt. Eine große Menge an größeren und kleineren Partien seien einfach mal insgesamt gelobt. Leider wirkt die Regie von Constanze Kreusch recht papieren, gute Ideen und Ansätze wie die Darstellung einer saturierten Dorfgemeinschaft im Umgang mit Lebensmitteln stehen einer langweiligen Personen- und Chorführung gegenüber - die Dramatik der Szenen wird oft nicht ausgespielt, es wird biblisch

Foto © Sonja Rothweiler
geschritten und gelächelt, ein bißchen gelitten, doch die Emotion bleibt auf der Strecke. Oft hat man den Eindruck , daß Kreusch die Musik einfach nicht nutzt. Jürgen Liers Bühne sorgt zwar für schnelle "Szenenwechsel", wirkt jedoch auch aseptisch und beliebig, eine Kulisse, in der man fast die Hälfte des Repertoires "irgendwie" spielen könnte. Dazu die leicht pittoreske, farblich aparte Kleidung von Claus Stump, die sehr als "Kostüm" wirkt. Die Szene für dieses herausragende, spannende Werk hätte Besseres verdient.
 
Trotzdem eine interessante Aufführung, eines zu selten gespielten Werkes. Das relativ gut gefüllte Auditorium spendet verdienten Applaus.

Weitere Informationen unter: www.wuppertaler-buehnen.de

Redaktion: Frank Becker