Die Leiden des jungen Werthers

Premiere einer neuen Bühnenbearbeitung am 13. März im Remscheid

von Frank Becker

Thomas Ritzinger - Foto © Frank Becker
Emilia Galotti lag auf dem Pulte aufgeschlagen...
 
Am Samstag erlebt eine neue Bühnenfassung
von Goethes „Werther“ ihre Premiere
im Westdeutschen Tournee Theater Remscheid
 
 
 „Sie stand auf ihren Ellenbogen gestützt; ihr Blick durchdrang die Gegend, sie sah gen Himmel und auf mich, ich sah ihr Auge thränenvoll, sie legte ihre Hand auf die meinige und sagte: „Klopstock!“.

Diese Zeilen, eine der wohl berühmtesten und berührendsten Stellen der Weltliteratur, finden sich noch recht zu Beginn von Goethes ergreifendem Entwicklungsroman „Die Leiden des jungen Werthers“, der 1774 zu einem der erfolgreichsten und folgenreichsten Romanstoffe Goethes, einem geradezu ein Werther-Fieber auslösenden Bestseller wurde. Es geht um die Liebe, um Freundschaft und Ehre - und um den Glauben an sich selbst. Um edle Gefühle, wie sie nach Lessings Abkehr von
überkommenen literarischen Strukturen durch Aufklärung und Sturm und Drang einem breiten Publikum vermittelt worden waren.
 
Das Interesse am „Werther“ erlosch nicht etwa mit der Ablösung des Sturm und Drang, es wirkte bis weit ins 19. Jahrhundert fort, an dessen Ende Jules Massenet den Stoff in eine Oper übertrug, die 1892 uraufgeführt wurde. Auch Thomas Manns Roman „Lotte in Weimar“ geht auf Goethes Werther zurück, und Ulrich Plenzdorfs „Die neuen Leiden des jungen W.“ arbeitete das literarische Kunstwerk 1972, also rund 200 Jahre nach dem Erstdruck des Originals zu einem der erfolgreichsten Bücher der zeitgenössischen DDR-Literatur um. Verfilmungen und Bühnenbearbeitungen schlossen sich in Vielzahl an.
 
Helmut Pock (*1942), Bühnenbildner und Regisseur mit Theaterwurzeln u.a. in Zwickau, Schwedt, Halle, Zeitz und Gera, ist WTT-Intendant Wolfgang Eysold durch manche berufliche Begegnung verbunden. 2008 baute er für Eysolds Inszenierung von Beat Fähs „Rose und Regen, Schwert und Wunde - Ein Sommernachtstraum“ die Bühne. Das Angebot, den Werther am WTT zu inszenieren und auszustatten, nahm Helmut Pock mit großem Vergnügen an, ist ihm doch der Werther nicht erst seit der Fassung Joachim Meyerhoffs ein Anliegen. Pock: „Wir wollen nicht historisierend sein und nicht modernistisch“ – was die Palette der Möglichkeiten nach beiden Seiten öffnet. Schreibfeder und Streusandbüchse auf der einen, Joint und Revolver auf der anderen Seite.
 

Thomas Ritzinger - Foto © Frank Becker
Für die Inszenierung des Brief-Romans als Stück für eine Person war keine Suche nach einem Werther nötig: Ensemblemitglied Thomas Ritzinger ist, das darf man in Kenntnis seiner Fähigkeiten und nach einer Sichtprobe getrost behaupten, die ideale Besetzung. Pock hat weder die Sprache Goethes noch die Abfolge angetastet, den Roman lediglich
so auf bühnentaugliche 90 Minuten gestrafft, daß diese „Generalbeichte“ Goethes, in der er seine damaligen Liebesaffären und Erlebnisse aus dem Kreise von Freunden und Bekannten aufarbeitet, den jugendlich Aufschäumenden, den Narziß und den tragischen Antihelden greifbar portraitiert. Ritzinger: „Die Sprache Goethes, besonders in der Strichfassung, habe ich als überraschend leicht empfunden.“
 
„Nachts gegen eilfe ließ er ihn an die Stätte begraben, die er sich erwählt hatte. Der Alte folgte der Leiche und die Söhne, Albert vermochts nicht. Man fürchtete für Lottes Leben. Handwerker trugen ihn. Kein Geistlicher hat ihn begleitet.“
Daß Werther, eine durchaus sympathische Erscheinung, ein verliebter junger Mann der leichten, bisweilen euphorischen Lebensart, jedoch auch der dramatischen, fatalen Konsequenz ist, wird Thomas Ritzinger am Samstag bei der Premiere im WTT zeigen. Der blaue Frack und die gelbe Weste sind natürlich auch dabei.
Und noch einmal „Werther“ im Original-Text: „Wir sehen uns wieder“.  Die Musenblätter empfehlen: im Westdeutschen Tournee Theater beim „Werther“.


Foto © Frank Becker
 
 
Weitere Informationen unter: www.wtt-remscheid.de und www.rga-online.de