Tiefer gelegter Humor

Olaf Böhnert inszeniert Joan Shirleys "Kein Sex, kein Mord, aber eine Leiche (Murder by Sex)"

von Frank Becker
Humor – tiefer gelegt
 
„Kein Sex, kein Mord, aber eine Leiche“
– dazu Plattitüden am laufenden Band


Regie: Olaf Böhnert - Bühnenbild: Michael Körffer - Kostüme: Ilse Höckmann + Britta Kohlhaas
Besetzung: Heinz Drenker (Bernie Anderson), Britta Kohlhaas (Dr. Nicole Anderson), Doris Otto (Tante Dot), Meike Gottschalk (Angie), Christina Knebel (Val), Olaf Böhnert (Sebastian), Beatrice Kaps-Zumahr
(Polly), Ralf Schütte (Leiche)

 
Hanebüchen

Der Freitagabend soll der Unterhaltung und Entspannung dienen. Das haben sich die Theaterbesucher nach einer harten Arbeitswoche verdient. Als „Die Komödie des Jahres“ preist das Boulevard-Theater Höckmann seine unter der Regie von Olaf Böhnert aufgeführte Produktion „Kein Sex, kein Mord, aber eine Leiche“ (Murder by Sex) von Joan Shirley an. So kürzlich auch als Gastspiel im Remscheider Teo Otto Theater. Viel Personal auf der Bühne, ein recht hübsches Bühnenbild (Michael Körffer) – besonders schön der Blick in den Garten - und eingangs sehr viel bemühtes Gerede zwischen Bernie Anderson (Heinz Drenker) und seiner Frau Nicole (Britta Kohlhaas), um die Zuschauer in eine völlig krude, hanebüchene, jeden Faden vermissen lassende Handlung (also keine) einzuführen.

Von der Bühne hat man ein Geschrei gehört...
 
Plot und dramatis personae: Bernie, Ex-Finanzberater mit End-Life-Krise schreibt an einem Krimi. Nicole, Ärztin, praktiziert zu Hause (!), weil in ihrer Klink die Decke gestrichen wird. Beide teilen sich das Gartenzimmer als Praxis und Atelier. Bernie malt nämlich auch. Durch Haus und Praxis tapst ungelenk eine schrill demente Tante Dot (Doris Otto). Der beleibte Bernie hat bei einem Krimi-Seminar mit der langbeinigen Angie (Meike Gottschalk) einen Seitensprung gewagt. Die ist im Zivilberuf eine ziemlich dusselige Edelnutte und kein Mensch weiß, wieso sie ein Krimi-Seminar besucht hat. Besagte Angie taucht unvermittelt und rein zufällig im Garten der Andersons auf, um mit einem „Kunden“ auf dessen Wunsch dort zu zelten. Aha. Man erpreßt sich gegenseitig, doch zwischen Tür und Angel entwickeln Bernie und Angie nebenbei eine Krimi-Idee: „Mord durch Sex“. Der Kunde verscheidet wenig später während des Liebesspiels im Zelt. Also Mord? Hinzu kommen motivlos: Assistenzarzt Sebastian (Olaf Böhnert), der auch im Gartenzimmer praktiziert, eine Tochter Bernies (Beatrice Kaps-Zumahr) - die beiden verlieben sich ineinander -, als einzige Patientin während des ganzen Stücks die hysterische Öko-Schwangere Val (Christina Knebel), eine Leiche (Ralf Schütte, s.o.), die dann doch keine ist - und eine Unmenge so flacher Witzchen, daß man sich an den Kopf faßt. Herr, hilf!

Klamotte
 
Man solle beim Boulevard keine zu hohen Maßstäbe anlegen? Halt, halt! Gerade da sollte man, denn Boulevard ist schwer. Sieht man ja hier. Dies aus unpassenden Versatzstücken zusammengeflickte Stück aber kann keinem vernünftigen Anspruch genügen - Humor tiefer gelegt, sehr tief. Da wird von teils über-, teils völlig unterforderten Schauspielern steif herumgestapft (Kohlhaas), sinnlos geschwafelt (alle), gnadenlos überzogen (Otto), gar nichts getan (Böhnert, Kaps-Zurmahr) oder aber nervtötend herumgeschrieen (Knebel). Am undankbarsten ist die Rolle der gewiss ansehnlichsten Erscheinung, Angie (Gottschalk) und komödiantischer Fels im lau schwappenden Teich - ohne Brandung – ist Heinz Drenker. Es ist nicht komisch, wenn eine hysterische Zicke wehenbedingt unentwegt brüllt, das Personal wild durcheinanderschreit, die Leiche unter Stroboskop-Geflacker plötzlich aufsteht und wie weiland Frankensteins Monster durchs Wohnzimmer geistert. Und daß die trottelige Tante mit dem Wiedergänger am Ende beschwingt tanzen geht, ist so bemüht an den Haaren herbeigezogen, daß man das Niveau kaum noch unterbieten kann. Eine Klamotte. Aus dem Saal hat man dennoch Schenkelklopfen gehört. Nun ja. Man erinnert sich an gediegene Komödien des Höckmann-Theaters. Aber das war zu Zeiten des abgetretenen Prinzipals.
 
Weitere Informationen unter: www.boulevard-gastspiele.de