Es gibt Schlimmeres...

von Erwin Grosche

Foto © Frank Becker
Es gibt Schlimmeres...

Ich bin belastbar. Mir macht es nichts aus, wenn ich mal ohne Schirm aus dem Haus gehe und dann vom Regen überrascht werde. Solche Schicksalsschläge nehme ich in Kauf und lerne daraus. Schwerer wird es beim lebendig begraben werden. Lebendig begraben werden, nein danke, da hört für mich der Spaß auf. Man kann gut und gerne mal Pech haben, aber alles hat seine Grenzen. Ich saß mal eine Stunde bei meinem Anlagenberater und verstand kein Wort und tröstete mich nur mit dem Gedanken, lebendig begraben werden ist schlimmer. Ich habe mir auch in diesem Jahr wieder den Paderborner Karnevalszug angeschaut. Ich habe das alles nur ertragen, weil ich mir gesagt habe, daß lebendig begraben werden mich mehr belasten würde. Ich habe schon Pommes gegessen, die kalt waren und ungesalzen und habe nichts gesagt, da ich wußte, daß es Schlimmeres gibt. Oft überlege ich, welchen Prüfungen ich noch ausgesetzt sein werde? Was wird Gott sich noch einfallen lassen, um meine Sanftmut auf die Probe zu stellen? Ich habe schon in Schlangen gestanden, die waren so lang, als gebe es dort am Ende was umsonst und dann saß da doch nur ein mürrischer Beamter und stellte sein Schild „Schalter vorübergehend geschlossen“ vor sich hin. Da habe ich auch gedacht: lieber sich nicht anstellen, lieber sich nebenan anstellen.

Nein, nein, nein. Ich bin belastbar, aber lebendig begraben werden, da kann ich mir was Schöneres vorstellen. Kürzlich erwischte ich meine Frau mit meinem Steuerberater im Bett meiner Mutter. Ich  sollte eigentlich in deren Abwesenheit ihre Goldfische füttern, aber danach war mir nun gar nicht mehr. Zuerst wollte ich mich aufregen, aber dann machte ich mir wieder bewußt, welch exzellenter Denker mein Steuerberater ist und dieser Angriff nicht gegen mich ging, sondern gegen meine Mutter, die versucht hatte ihre Goldfische steuerlich abzusetzen.  Was soll ich mich da aufregen? Es ist kein lebendig begraben werden. Da will mich niemand in die Dunkelheit stoßen und  trotzdem mein Augenlicht lassen. Es ist nicht alles, wonach es aussieht. Durch einen blöden Zufall schlief ich einmal mit der Frauenbasketballmannschaft vom FB Borchen. Sie lagen alle auf mir drauf und nützten meine Anwesenheit aus. Das war ein wenig wie lebendig begraben werden…



© 2010 Erwin Grosche - Redaktion: Frank Becker