Auf der Jagd nach einer Seriennummer

"Olga La Fong" - Die erste Sparoper der Musikgeschichte mit sensationellem Erfolg in der Wuppertaler Galerie Epikur uraufgeführt!

von Frank Becker



Olga La Fong
Eine Oper
zur Schande der Telekom
für Violine, Violoncello, Flöten, Elektrogitarre und ca. 2½ Sprecher...
 
...in 7 Akten, 5 Reisebildern und 1
Freudentanz zweier Polizisten


Die erste Sparoper der Musikgeschichte folgte den Zwängen der Ökonomie, ließ aber beileibe nichts vermissen.

"Olga La Fong" vereinte in Harmonie
improvisierte Kammermusik mit dem Klang einer E-Gitarre und der sonoren Stimme eines Sprechers



Inszenierung
: sonorfeo/Egner - Musik: sonorfeo/Egner - Bühne?... - Libretto: Eugen Egner - Fotografie: Dietmar Wehr
Violine: Ulrike Nahmmacher - Violoncello: Bettina Hagedorn - Flöten: Matthias Nahmmacher -  Elektrogitarre: Eugen Egner - Erzähler: David J. Becher - Stimme: Matthias Nahmmacher - Olga La Fong: Bettina Hagedorn/Ulrike Nahmmacher


Staubsauger und Free Jazz

Vor die Uraufführung der Oper hatten die Veranstalter eine Lesung mit Musik gestellt. Librettist Eugen Egner trug höchst amüsant im Wechsel mit improvisierten Intermezzi des Ensemble sonorfeo eigene, z.T. unveröffentlichte Texte vor. Passend zum Thema Musik + Rezitation eröffnete "Die Traumdüse" den literarischen Reigen. Was anderes als ein Trio + Staubsauger konnte die harmonische Verknüpfung von Klassik und Elektrik besser verdeutlichen? Eine Zwischenmusik mit einem der Koto ähnelnden Klang der Flöte und dem hell-dunklen Miteinander von Cello und Violine leitete zu den "Wuppertaler Irritationen" über, einen musikhistorisch bedeutenden Text, geht es doch um die wirtschaftliche Bedeutung des Free Jazz für die Region, die mitunter auch Muckertal genannt wird. Zitat: "Wo Free Jazz ist, ist auch massenhaft Geld". Herr Egner versäumte nicht, sich anschließend bei Dietrich Rauschtenberger für diesen Text zu entschuldigen.

Violinistin außer sich

Ulrike Nahmmacher - Foto © Dietmar Wehr


Bei der folgenden Zwischenmusik geriet die Violinistin zum Vergnügen der zahlreichen Hörerschaft, die durch die Anwesenheit von u.a.  Dietrich Rauschtenberger, Dietmar Wehr,  Monika Heigermoser, Rainer Widman, Willi Barczat, R.M.E. Streuf, André Poloczek, An Kuohn, Hans-Georg Pink, Wolfgang Suchner, Birgit Parduhn, Heiner Waniek, Renate Behla, Willi Koch, Dieter Fränzel und Leo Kreuzer (Crossbones) den Abend auch zum gesellschaftlichen Ereignis machte, völlig außer sich. Brillant! Staubsauger nehmen in Wuppertal und im Werk Egners eine bedeutende Rolle ein - wie Wunder, daß "Gespenster aus sturmheller Nacht" von der Sehnsucht nach einen neuen Heinzelmann erzählt...
Ein plapperndes, schnaufendes Digeridoo mit Schluckauf war die Altflöte im folgenden Intermezzo, bevor Egner in "Krankenkellnerin" von der Doppelbegabung und den Zusatzverdienstmöglichkeiten im neuzeitlichen Gastronomiegewerbe erzählte.  Schließlich, nach einer kleinen Melancholie für  Kammermusiktrio "Die Geisterbiege" mit  wortloser Beteiligung des Sprechers.

Opernbeginn unter Zeitdruck

Eine Pause bereitete auf die mit Spannung erwartete Sparoper vor, durfte aber nicht lange währen, weil die Treppenhaussanierung im Hause Parduhn/Suchner diese zwang, vor 22.00 Uhr zu Hause zu sein, anderenfalls sie auf der Straße gestanden hätten. Darauf Rücksicht nehmend, begann die

David J. Becher - Foto © Dietmar Wehr
Aufführung der Oper alsbald zügig und wie es sich gehört mit einer ordentlichen Ouvertüre. Das war ein Zupfen und Zischen, Klagen und Klingen, Rauschen und Raisonnieren! Schon bald war auch zu erfahren, denn nun kam mit trag- und wandlungsfähiger Stimme der vorzügliche Sprecher David J. Becher ins Spiel, daß es sich wesentlich und im und Kern in der Handlung um die Unannehmlichkeiten dreht, die ein jeder kennt, der sich je leichtsinnig auf Geschäfte, zumal in Sachen ISDN mit der Deutschen Telekom  eingelassen, ja ausgeliefert hat. Das geht dem Ich-Erzähler so, dem Chef mit Säufernase, in dessen Haar die Kerzen schon halb heruntergebrannt sind und der den schwierigen Auftrag erteilt, ein Foto der Seriennummer an der Unterseite von Olga La Fong anzufertigen, sowie dem Verwahrer der Reichs-Lochkamera und dem Großvater.




Versatzstücke des Lebens


Von eminenter Bedeutung für die Handlung sind neben der Reichs-Lochkamera auch der Andersen Schürfbock, der Verwalter dessen, ein aufblasbarer Bluthund, viele Holzscheite, Metallbehälter, Texas-Ranger, welche die Zeit zurückdrehen und Uniformträger wie der lyrische Eisenbahnschaffner und die zwei glücklichen Polizisten, die es nach dem gnädig gewährten Geschenk einer höheren Geldsumme zu einem Freudentanz hinreißt. Das Ensemble begleitet diesen mit einer herrlichen Ländler-Kakophonie.

Ensemble - Foto © Dietmar Wehr

Überhaupt ist eins ums andere Mal hervorzuheben, mit welch unerwarteter Harmonie sich der feine Ton der von Ulrike Nahmmacher virtuos gespielten Violine, der warme Ton auch des gezupften Cellos von Bettina Hagedorn und Matthias Nahmmachers beinahe überirdische Flöten-Klänge mit den artifiziellen Läufen der schwarz-weißen Fender Stratocaster Eugen Egners in der improvisierten Musik der Oper vereinen. Da gab es nicht einen Moment lang Irritationen oder gar Mißverständnisse. Das Konzept hat Hand und Fuß, die Musik stimmt auf den Punkt und David J. Bechers beachtliche Sprecherstimme rundet das Erlebnis zum erfreulichen Gesamtkunstwerk.

Olga La Fong


Nahmmacher - Hagedorn - Foto © Dietmar Wehr
Amüsante Marginalie ist die Stimme Olga La Fongs, von Ulrike Nahmmacher und Bettina Hagedorn unisono perfekt eingesprochen. Eine Rhapsodie für (angebliche) Viola Bastarda, ein durch die Flöte genuscheltes holländisches Gedicht und ein Gitarrensolo zur Ostinato-Begleitung des Ensembles anstelle des (eingesparten) Reisebildes 3 und ein obligates Olga La Fong-Thema in bester Pink Floyd-Manier komplettieren die musikalische Vielseitigkeit dieser mit 35 Minuten im genau richtigen Maß präsentierten kleinen Oper. Hörerschaft und Presse waren sich einig, daß es nicht bei dieser einen Aufführung bleiben sollte. Der anhaltende Applaus unterstrich: "Olga La Fong" muß wieder aufgeführt werden!

Ach ja: aus dem Foto wurde letztenendes trotz allen Aufwandes nichts. Wieso? Drängen auch sie, liebe Leser auf eine Wiederaufführung und erleben sie es selbst.