Erstklassiges Kabarett

WortArt stellt die neuen Programme von Helmut Schleich und Dieter Nuhr vor

von Frank Becker
Erstklassiges Kabarett
auf Silberscheiben serviert



Das Label WortArt stellt die Elite deutscher
Kabarettisten und WortArtisten vor


Mit viel Mißtrauen und noch mehr kriegsähnlichen Feuerwerksböllern wurde nicht nur in Deutschland das Jahr 2012 begrüßt - wie es wirklich wird,  werden die nächsten zwölf Monate zeigen. Wie sein Vorgänger 2011 war und was er an "Normalem", Unglaublichem und Kuriosem in Politik und Gesellschaft brachte, haben Kabarettisten das Jahr über auf dem Grill-Spieß der Satire serviert. Alltagsgeschichten
und Skandale, die gesellschaftlichen Entwicklungen, die gewohnten politischen und menschlichen Unzulänglichkeiten, kulturellen Katastrophen und die "üblichen Verdächtigen" des öffentlichen Lebens wurden gezielt und gekonnt mit berechtigtem Spott überzogen. Dafür, daß wir uns schließlich auch an die eigene Nase fassen, sorgen die professionellen Spötter natürlich ebenfalls - mit so großem Genuß, daß selbst bei uns betroffenen der Spaß daran überwiegt. Das Label WortArt hat großen Anteil und Verdienst daran.

Zwei hervor- und herausragende Alben aus der Flut der Neuveröffentlichungen konnte ich mir in aller
Ruhe in den selbstverordneten Weihnachtsferien der Musenblätter anhören: die aktuellen Programme des Düsseldorfer Rheinländers Dieter Nuhr "Nuhr unter uns" und des Schongauer Bayern Helmut Schleich "Nicht mit mir". Beide möchte ich Ihnen heute und hier ans Herz legen.
Dieter Nuhr, dem wir den beherzigenswerten Grundsatz "Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal Fresse halten" verdanken und der mit seiner leisen, nichtsdestoweniger schneidenden Intelligenz unsere scheinbar heile Welt ganz sanft seziert, stellt in seinem Programm
die Politik, die Parteien und den Papst, die Banken, den Taliban und den Umweltschutz, Sie, mich und unsere Wissenschaftsgläubigkeit an den Pranger. Jede Partei, ob politisch oder Jux wird analysiert und vorgeführt - und jede hat Mängel und Kandidaten, die einem die Haare zu Berge stehen lassen. Aber wir wählen sie brav und schauen, nur gelegentlich maulend zu. Dieter Nuhr legt auf alle diese Dummheit die jener und unserer, lächelnd den Finger. Nuhr trumpft nie auf - er stößt ein Thema an und läßt es sich entwickeln, bis die Pointe wie von selbst auftaucht und das Publikum zu erkennendem homerischem Gelächter bringt. Sollte man sich nicht nur einmal anhören - ein großartiges Programm mit mehr als dem vordergründigen aktuellen Wert. Nuhr sagt Grundsätzliches (s.o.).
www.nuhr.de

Helmut Schleich, neben seiner herausragenden kabarettistischen Qualität ein großartiger Parodist und Stimmenimitator, packt
seine Zuhörer - manchmal spürt man beim Hören der CD, daß man ihn jetzt besser auch sähe, wobei die Illustrationen des schmalen Booklets recht hilfreich sind - da schon etwas deftiger.
Massig  und handfest in der Sprache, hinterfotzig in seinen Rückschlüssen und hellwach hinter der schläfrigen Maske ist Schleich. Was er über die bayerische Weltsicht, gerne durch den Mund des legendären FJS zu sagen hat, ist ebenso beachtenswert wie seine geniale Wiederbelebung dieser bayerischen Legende. Ich glaube, niemand könnte Franz Josef Strauß großartiger parodieren und kopieren - nicht einmal Strauß selbst. Auch die nachgerade zur Parodie herausfordernde Erscheinung Joseph Ratzingers, der jetzt als "Benedikt XVI. - Bischof von Rom, Stellvertreter Jesu Christi, Nachfolger des heiligen Petrus, Oberhaupt der Weltkirche, Patriarch des Abendlandes, Diener der Diener Gottes" firmiert, geht ihm ebenso Lachtränen treibend und entlarvend über die Zunge wie seine Ottfried-Fischer-Parodie oder die tatterige Kunstfigur Heinrich von Horchen, einstiger Gesangslehrer des jüngst verblichenen Jopie Heesters. Daß er von FJS besetzt sei, gibt Schleich zur Entschuldigung vor. Ich glaube Strauß ist von ihm besetzt. Und wenn ich von jetzt an Herrn Ratzinger auf dem Bildschirm erlebe, werde ich ihn mit einem gewissen Recht vermutlich für eine Parodie halten.

Dieter Nuhr - "Nuhr unter uns", 1 CD - Dauer:  1:17:53
Helmut Schleich - "Nicht mit mir", 1 CD - Dauer:  1:14:50


Weitere Informationen unter: www.wortart.de