Die Nachtigall vom Sachsenplatz

Joachim Ringelnatz - "Nein ernst, als ob das komisch wär..."

von Frank Becker
Die Nachtigall vom Sachsenplatz

Seit der bislang ultimativen Ringelnatz-Biographie
"Daddeldu, ahoi!" von Helga Bemmann (*1933) und der kongenialen Einspielung einiger seiner Gedichte durch Günther Lüders (1905 - 1975) auf einer Telefunken-Langspielplatte hat es auf dem deutschsprachigen Markt nichts Vergleichbares zum Leben und Wirken Hans Böttichers (1883-1934) gegeben. Viele Verlage haben sich seither seines Werks und unzählige Künstler seiner Interpretation angenommen, doch außer Nagelritz konnte bisher niemand dem sächsischen Dichter, dessen Heimat Wurzen war und dessen Seele der See und dem Kabarett gehörte, auch nur annähernd nahe kommen. Bis jetzt.

In der Hörbuch-Edition "words & music" liegt jetzt die Neuauflage einer Aufnahme des Saarländischen Rundfunks aus dem Jahr 2000 vor, die nach dem Script von Peter Eckhart Reichel mit sorgsam restaurierten O-Tönen des eigenwilligen Barden und der einfühlsamen Interpretation von Michael Quast und Moritz Stoepel ein Bild Ringelnatzens entwirft, das den Dichter und Menschen erfahrbar, ja greifbar macht. Wir erfahren durch dieses Hörbild mehr über den Zeit seines Lebens nicht richtig eingeschätzten Künstler, als durch viele Biographie-Versuche. Wir lernen, begleitet von vielen seinem Lebenslauf zugemessenen Texten, wie der Leichtmatrose, Handelskommis, Bibliothekar, Leutnant zur See, Tabakwaren-Händler, Archivar, Romancier, ungemein produktive Brettl-Dichter und Vortragskünstler sich und seine Gedichte entwickelte, spüren seine Sehnsüchte und Sorgen - und fühlen seine Einsamkeit und sein Unglücklichsein. Kein heiteres oder gar komisches Leben.

Immer auf Achse, trotz vieler Veröffentlichungen bei namhaften Verlagen und Engagements an führenden Kleinkunstbühnen wie dem Münchner "Simplizissimus" und dem Berliner "Schall und Rauch" stets am Rande des wirtschaftlichen Ruins, schließlich von den Nazis mit Auftrittsverbot belegt und unheilbar lungenkrank, stirbt Hans Bötticher, der sich ab 1919 Joachim Ringelnatz nannte, in Berlin. Nach den gut 73 Minuten dieser CD sind wir ganz nah bei diesem Mann, der ein Mensch und bei aller scheinbaren Leichtigkeit und Derbheit ein tiefsinniger Dichter war, wie es ähnlich keinen zweiten gab. Wer Ringelnatz erleben möchte, sollte sich diese CD anschaffen. Notabene: er war sicher nicht der beste Interpret seiner eigenen Werke -
Michael Quast und Moritz Stoepel und damals Günther Lüders konnten/können es besser. Die Lüders-Aufnahmen sind übrigens auch wieder als CD zu haben.
 
Beispielbild


Joachim Ringelnatz
"Nein ernst, als ob das komisch wär´..."

Ein Ringelnatz-Hörportrait von Peter Eckhard Reichel
mit Michael Quast, Moritz Stoepel und Joachim Ringelnatz in O-Tönen

© 2000 Saarländischer Rundfunk
© + (P) 2009 Hörbuchedition words&music

Gesamtzeit:  1:13:47

Weitere Infirmationen unter:
www.words-and-music.de