Kammerjazz für die Blaue Stunde

Carlos Franzetti - "The Jazz Kamerata"

von Frank Becker
Stimmungsvoller Kammerjazz für die Blaue Stunde
 
Es gibt Namen im Modern Jazz, bei deren Nennung man aufhorcht. Fallen gleich mehrere davon in einem Atemzug und geht es um ein ungewöhnliches Album-Projekt, ist dem Produkt ungeteilte Aufmerksamkeit sicher. So auch bei dem nicht mehr ganz frischen, dafür aber ganz besonderen Album (auch als SACD zu haben) des amerikanischen Pianisten und Arrangeurs Carlos Franzetti, der für eine Crossover-Formation aus gediegenen Jazz-Solisten, Holzbläsern und einem hervorragenden kammermusikalischen Streichquartett neun Standards des modernen Jazz und einen aus seiner Feder arrangiert und am Klavier mit eingespielt hat. "The Jazz Kamerata" hat Franzetti sein Ensemble genannt - der Anspruch liegt im Namen.
 
Diesem Anspruch wird das Album mit jedem Ton, jedem Akkord, im Solo und im Chorus gerecht. Daß als Co-Produzenten David und Norman Chesky auftreten, vermittelt den ersten soliden Eindruck. Die Liste der Komponisten, deren Arbeiten verwendet werden durften, ist eine zweite Bank. Miles Davis, Wayne Shorter, Steve Kuhn, Pat Metheny, Clare Fischer, Keith Jarrett, Bill Evans und Claus Ogerman: das liest sich wie ein Auszug aus dem Who Is Who des zeitgenössischen Jazz. Dann das Produkt - soviel schon hier: eine Stunde Traummusik. Was das Ensemble unter Franzettis unerhört sensibler Führung am Flügel aus den ausgewählten Stücken macht, ist allerfeinster kammermusikalischer Jazz. Jazz, mit höchstem Anspruch und brillanter Performance - Jazz der auch den Anforderungen von klassischer Musik ohne Einschränkung genügen wird.  Hier zahlt sich die klassische Ausbildung Franzettis aus.
 
Miles Davis´ "Circle" als Opener gibt gefühlvoll die Richtung an, die das Album bis zu Claus Ogermans "Elegia" ohne Bruch oder störenden Ausreißer verfolgt. Großstadtmelodie zwischen Tag und Traum schwingt in den Stücken, die Franzetti zu einem melancholischen Reigen arrangiert hat, dessen Geheimnis bei aller Virtuosität in Solo und Ensemble seine geniale Unaufdringlichkeit ist. Die Musik der "Jazz Kamerata" ist stimmungsvoll und einfach nur schön. Das zeichnet sie aus. "This is a mood album. A disc that, I hope, can put people in a certain place", kommentiert Fernando Gonzalez im Booklet. Seine Hoffnung erfüllt sich. Bin dort angekommen. Das Album bekommt den Musenkuß als höchste Auszeichnung.
Beispielbild

Carlos Franzetti
The Jazz Kamerata
 
Carlos Franzetti - Klavier, Arr.
Lawrence Feldman – Alt- u. Tenorsaxophon
Theresa Norris - Flöte
Paul Gallo - Klarinette
Laura Seaton-Finn – Violine 1
Leonardo Suarez Paz - Violine 2
Maurycy Banaszek - Viola
Stephanie Cummins - Cello
Jay Leonhart - Kontrabaß
 
Produziert von David Chesky & Carlos Franzetti
© + (P) 2005  Chesky Records Inc.
 
Titel:
1. Circle (Miles Davis) 5:17
2. Nefertiti (Wayne Shorter) 9:03
3. Last Years Waltz (Steve Kuhn) 4:26
4. Quiet Rising (Pat Metheny) 6:58
5. Allison´s Dance (C. Franzetti) 4:02
6. When Autumn Comes
    (Clare Fischer) 6:55
7. Prism (Keith Jarrett) 5:05
8. Van Gogh (Eugenio Toussaint) 4:55
9. Very Early (Bill Evans) 6:32
10. Elegia (Claus Ogerman) 7:08
 
Gesamtzeit:  1:00:18

Weitere Informationen unter:
www.chesky.com
www.in-akustik.com