Nürnberg: Tannhäuser
…oder das Sängerfest in Nürnberg
Musikalische Leitung: Christof Prick - Inszenierung: Rosamund Gilmore - Bühne: Carl Friedrich Oberle - Kostüme: Nicola Reichert - Choreinstudierung: Edgar Hykel - Dramaturgie: Johann Casimir Eule -
Aufführungsfotos: © Karen Stuke
Tagesaktuelle Besetzung: Guido Jentjens (Hermann, Landgraf von Thüringen) - Richard Decker (Tannhäuser) - Jochen Kupfer (Wolfram von Eschenbach) - Martin Nyvall (Walther von der Vogelweide) - Rainer Zaun (Biterolf) - Christopher Lincoln (Heinrich der Schreiber) - Vladislav Solodyagin (Reinmar von Zweter) - Mardi Byers (Elisabeth, Nichte des Landgrafen) - Alexandra Petersamer (Venus) - Leah Gordon (Ein junger Hirt) - Kerstin Geitner (Ein Edelknabe) (Tannhäuser) -
Sex und Politik
Richard Wagners Tannhäuser ist das Künstlerdrama des 19. Jahrhunderts überhaupt. Mit etwas
In Nürnberg stand der Künstler Tannhäuser und seine Egomanie im Mittelpunkt der Inszenierung von Rosamunde Gilmore. Und gleich von Anfang an deutet sie ihren Tannhäuser anders, als man es gewohnt ist. Sie verweigert uns den Venusberg, verweigert uns das meistens pseudoerotische Rumgehopse und Rumgemache, die dilettantisch dargebrachten Sexualneurosen der Regisseure. Und keiner hat’s wirklich vermißt. Statt dessen: das Atelier eines Künstlers, das von Mme. Venus und ihren Gazellen aufgemischt wurde. Tannhäuser, ausgebrannter Staatskünstler, sucht neue Inspirationen bei einer professionellen "Sexualberaterin". Und als diese Phase vorüber ist, werden die Damen kurzerhand auf die Straße gesetzt. Man sucht und findet den Kontakt zu den alten
Tannhäuser findet auch hier keine weitere Erleuchtung, trotz seiner Ex Elisabeth im Korsagenkleid, mit züchtigen transparenten Einsätzen vor dem Dekolletee. Eher freiwillig begibt er sich auf die Reise nach Rom. Ernüchtert, ohne weitere Inspiration, kehrt er zurück. Elisabeth, im dritten Akt nun tief ausgeschnitten, verzehrt sich nach ihm, ist bereit für ihn zu sterben, auch Venus gelingt es nicht, den Künstler für sich zu gewinnen. Der Egomane findet seine Inspiration quasi über den Leichen zweier starker Frauen, denen es nicht gelungen ist, den Freigeist zu zähmen.
Ein inspirierter Tannhäuser Richard Decker gibt als Rollendebüt diesen Egomanen. Er teilt sich seine Kraft ein, die Rom-Erzählung im dritten Akt klingt ohne Anstrengung. Seine Stimme ist voller Inspiration, die
Edgar Hykel brachte seinen erweiterten Chor aufs gewohnt hohe Niveau. Egal ob auf der Bühne oder aus dem Off, sein Chor war stets präsent und den inspiriert spielenden Nürnberger Philharmonikern eine stimmige und kongeniale Ergänzung. Christof Prick läßt sein Orchester erstrahlen, vom gängigen Wagnerpathos nimmt er Abstand, kluges, inspiriertes Dirigat ist seinen Sache, wenn es auch an einigen Stellen zu sehr „Fortissimo“ geriet.
Mieder und Pianoforte Das Bühnenbild von Carl Friedrich Oberle wurde von einem Flügel dominiert. Im ersten Akt steht der auf dem Kopf, im zweiten Bild dient er als Podest für den Hirtenknaben (Leah Gordon). Im
Ein Erfolg Theilers
Die Vorstellung am 8.11. endete mit schier nicht endendem Applaus von einem komplett ausverkauftem Haus. Peter Theilers zweite Saison begann mit einem fulminanten Erfolg, seinen Anspruch Nürnberg als Belcanto-Opernhaus zu etablieren, gelang ihm auch, weit weg von der üblichen Wagnerdeutung, beim Tannhäuser. Weitere Informationen unter: www.staatstheater-nuernberg.de
Redaktion: Frank Becker |