Ich bin der echte Eisenhut

Aus den Flower Tales

von Peter Paul Althaus

Foto © Frank Becker

Ich bin der echte Eisenhut;
ich repräsentiere den pensionierten Kriegermut
des Herrn Oberst a. D. von Bärenklau,
und zwar auf dessen hinterem Küchenbalkonvorbau,
in einem Töpfchen.
 
Gestern bekam ich ein neues Unternäpfchen,
zum Gedenken an die Schlacht bei Gravelotte.
Das macht er immer, der alte Oberst, an den Schlachtgedenktagen,
die er alle in sein Tagebuch aus dem Siebziger Kriege eingetragen.
 
An solchen Tagen hadert er aber auch mit seinem lieben Gott,
der alte Sieger von Gravelotte und Vionville,
daß man ihn in den letzten und den vielleicht noch kommenden Kriegen
links liegen
ließ oder läßt
und ihn nicht mehr will
und seiner nicht mehr benötigt -
obwohl er sich dazu erbötigt
bei seinem lieben Gott, der Eisen wachsen ließ. . .
 
Der liebe Gott, der Eisen wachsen ließ,
schickt ihm an Schlachtgedenktagen immer einen schönen Nierengrieß
oder einen trefflichen Hexenschuß
oder das alte Zipperlein ins linke Hinterbein,
so daß sich der Herr Oberst ins Bett legen muß.
 
Bevor er das tut
(er trank zur Feier des Tages fünf Gläser Wein, daher das Zipperlein)
schnauzt er mich an, mich seinen Eisenhut:
"Sie stehen heute nacht Strafwache als Wacht am Rhein!"
 
Wir echten Eisenhüte
müssen, um pensionierte Krieger zu repräsentieren,
sehr viel Güte
aufbringen
und vor allen Dingen
die Geduld nicht verlieren.
 
 
Peter Paul Althaus


© Pendragon Verlag - Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Verlages