Auf der Flucht vor Mr. D.

Endlich auf DVD: "Renn Buddy renn!"

von Peter Bilsing
Tötet Buddy Overstreet!
 
Junior: „Heh Dad! Was hat es eigentlich auf sich mit der Geheimsache „Klein Hühnchen“? Big Boss: „Junge, wenn ich Dir das sagen würde, müßte ich Dich auf der Stelle erschießen!“
 

Am 13.Juni 1969 startete die TV-Kult-Serie. „Renn Buddy renn!“ (eine humorvolle Persiflage von „Auf der Flucht“) im ZDF und sicherte sich eine Riesenfan-Gemeinde von der ersten Folge an. Einmal nur wiederholt und dann scheinbar verschollen, hat sich  jetzt die kleine, aber feine Filmproduktionsgesellschaft „Laser Paradise“ der mittlerweile Abertausenden Fans in den diversen Internetforen erbarmt und die Serie ausgegraben; alle synchronisierten 13 Folgen wurden digital bild-bereinigt und mit rauschfreiem DD 2.0 Ton versehen. Eine schöne Geste und ein toffes Sommergeschenk für die Oldtimer-TV-Fans; das ist so lobenswert, daß der begeisterte Film-Kritiker über die ärgerliche Marginalie, daß man hier schlappe 304 Minuten geschäftstüchtig auf 4 DVDs verteilt, diesmal locker hinweg sieht; immerhin sind die einzelnen aufwendigen Hüllen mit netten Bildern und Kurzinhaltsangaben flott aufbereitet. Auch gibt man die Laufzeit pro DVD ehrlich und grob gerundet (3 mal 25 Minuten!) mit 70 Minuten korrekt an. Ach, was werden da für Erinnerungen wach an die „gute alte“ Fernsehzeit, in der es nur unfaßbare zwei Programme gab, die damals seit erst gerade einmal zwei Jahren (>1967) in Farbe sendeten. Erklärt das mal Euren Kindern!
 
Blödsinnig einfach und lachmusklereizend

Die Handlung ist so blödsinnig einfach, wie genial lachmuskelreizend: In einem Dampfbad wird Buddy Overstreet unfreiwillig Ohrenzeuge eines Gesprächs zwischen dem Chef des großen Gangster-Syndikats, Mr. D. (Bruce Gordon), und dreien seiner Untergebenen. Es geht um Mordpläne und die streng geheime „Aktion Klein Hühnchen“. Er wird entdeckt, und es beginnt eine Flucht per pedes über Asphaltwege, Staubpisten und sogar unter Wasser, ein unendlicher Marathon, der sein weiteres gehetztes Leben noch in den folgenden 12 Folgen prägen wird. Dummerweise hatte der arme Kerl seine gesamten Papiere zurücklassen müssen, wodurch die Gangster nun seine genaue Identität kennen, und so verlautet es dann jedes Mal am Anfang einer neuen Episode, die er dank der Trotteligkeit seiner Verfolger und trotz wüster Pistolenknallerei jedes Mal unversehrt überlebt: „Tötet Buddy Overstreet!“
 
Charmant-witzige Synchronisation

Die Serie wurde charmant witzig und unterhaltsam komisch übersetzt. Der Held trägt immerhin die markante Synchronstimme von Wolfgang Draeger (Woody Allen). Man merkt, daß die Übersetzer wirklich Spaß an der Sache hatten. Pars pro toto: Heißt es im Originaltext am Anfang bloß: „Get´em – get´em – get´em!“, wobei das Gesicht des Gangsterbosses Devere (genannt: „Mr. D“) im syndikateigenen TV immer näher rangezoomt wird. Anders tönt es in der deutschen Fassung mit wohlakzentuierten fast Shakespeare-mäßigen Pausen: “Tötet - ! - Buddy - ! – Overstreet !“ Selbst wer den belanglosen Inhalt heute nach 40 Jahren vergessen hat, wird sich immer noch an dieses Bild erinnern.
 
Daß man die Slapstick-Serie, auf die der heutige Begriff „Sitcom“ eher passen würde, doch tatsächlich mit dem FSK-Vermerk „ab 12 Jahre freigegeben“ versehen hat, ist ein weiterer Beweis für den Schwachsinn und die Überflüssigkeit dieser Pseudo-Behörde. Ich gebe die Reihe „ab 6 Jahren“ frei und das schöne ist, daß neben Dad und Mam (sofern sie denn alt genug sind!) garantiert Oma und Opa auch noch daran Spaß haben werden.
 
Running Gags

Herrlich auch heute noch die gelungene Szenerie der Running Gags, wie die Bestrafung des stets erfolglosen Killers Wendell, der dann bei fahrendem Auto („nein bitte nicht schon wieder, Mr. D !“) aussteigen oder den leeren Fahrstuhlschacht benutzen bzw. über den Hochhausbalkon (D. „Im zweiten Stock ist eine Markise, versuch sie zu treffen!“) hinauskomplimentiert wird. Und so fängt auch die obligate Gangsterszene in jeder Folge mit der Bemerkung des neunmalklugen und völlig danebengeschlagenen Devere-Sohns „Junior“ an „also, nach meinen Berechnungen müßte er sich jetzt in X aufhalten, worauf das spontan klingelnde Overhead-Telefon uns sofort eines Besseren belehrt „Overstreet in Y gesichtet, Boss!“
 
Interessantes:
Regie führte übrigens kein geringerer als der berühmte B-Movie-Regisseur Jack Arnold (u.v.a. Gefahr aus dem Weltall/1953, Der Schrecken vom Amazonas/1954, Tarantula/1955, Die Maus die brüllte/1959, Kopfüber in die Nacht/1984) Arnold war auch in und mit anderen TV-Serien erfolgreich, wie u.a. „Gilligans Insel/1964“ – „Ihr Auftritt, Al Mundy/1968“ – Ein Sheriff in New York/1970“ oder „Ein Colt für alle Fälle/1981“
 
Der sympathische Hauptdarsteller Jack Sheldon (geb. 1931) war neben seiner Schauspielerei auch ein durchaus bekannter Jazz-Sänger und –Trompeter mit eigenem Plattenlabel (Concorde Records/Butterfly Label). Im Alter klingt er fast wie eine Mischung aus Sinatra und Satchmo. Ein perfektes Trompetensolo von ihm ist z.B. im bezaubernden Coppola-Film „One from the Heart“ zu hören. 2008 entstand der Dokumentarfilm „Trying to get good – the Jazz Odyssey of Jack Sheldon“ von Doug McIntyre und Penny Peyser – eine Hommage an den Musiker mit Interviews von Clint Eastwood, Billy Crystal, Johnny Mandel, Dom DeLuise, Terry Gibbs u.v.a. Sheldon ist auch heute noch als Musiker aktiv. Bei „Youtube“ gibt es  ein paar sehr schöne und hörenswerte Filmdokumente.
 
Und zum Abschluß ein Schmankerl: Endlich, endlich, endlich gibt es seit drei Tagen die Serie „Immer, wenn er Pillen nahm“ auch neu aufgelegt (Universum). Ich werde für alle Musenblätterer umgehend darüber berichten. Und jetzt die bittere Pille: leider, leider, leider ist von der DVD-Revitalisierung des „Hiram Holiday“ noch weit und breit nichts zu hören.

Renn Buddy renn!
TV-Serie - 4 DVDs
 
Darsteller: Jack Sheldon, Nick Georgiade, Bruce Gordon, Jim Connell
Sprache: Deutsch (Dolby Digital 2.0)
FSK: Freigegeben ab 12 Jahren
Studio: Laser Paradise/DVD
Erscheinungstermin: 9. Juli 2009
Produktionsjahr: 1966
Gesamt-Spieldauer: 304 Minuten

Redaktion: Frank Becker