Wilhelm Busch
zum 175. Geburtstag am 15. April 2007 Zum Geburtstag kommen alle,
an der Spitze Imker Dralle mit dem Blumenstrauß am Stock. Schneider Böck und Witwe Bolte, Lehrer Lämpel, Onkel Nolte, Rieke mit dem Ziegenbock. Krischan Stinkel, Bullerstiebel, Rektor Debisch, Lehrer Fibel und der Küster Klingebiel. Auch der Turner Hoppenstedt, Apotheker Mickefett, Fräulein Piep und Witwe Zwiel. Papa Fittig, Paul und Peter, Bruder Jochen, fromme Beter und sogar Herr Kaspar Schlich. Julchen mit Tobias Knopp, Riekes Freier Krischan Bopp, Bötel, Dr. Hinterstich, Dichter Bählamm, Bauer Rüppel, letzterer mit seinem Knüppel, Förster Knarrtje, Meister Druff, Maler Klecksei, Schimmelwirt. Wie das ein Gewimmel wird! Schließen wir mit leisem "Uff'! Alle kommen, außer denen,
die sich nicht nach Freude sehnen, sondern lieber Unheil stiften und die Harmonie vergiften. Vetter Franz gehört zu jenen, und man sieht auch nicht Helenen oder Max und Moritz gar, jenes schlimme Schlingelpaar. Pater Luzi bleibt ganz fern, diesen hat wohl niemand gern. Affe Fips und Huckebein dürfen nicht zugegen sein. Ausgeschlossen sind die Rangen, die uns plagen, Vögel fangen, Hunde treten, Katzen jagen, kurz, sich meistens schlecht betragen. Wären diese eingeladen, gäbe es so manchen Schaden. Weiß gedeckte Tische warten
in des Dorfkrugs grünem Garten. Da Genie die Planung leitet, ist das Fest gut vorbereitet. Köstlich riecht der Schweinebraten, noch am Spieß und wohlgeraten, dann Salate, Rotkohl, Klöße, Kuchen von verschied'ner Größe, Puddingspeisen bester Sorte, die begehrte Welfentorte. Neben einem guten Essen darf man aber nicht vergessen, daß Getränke, schlückchenweise noch veredeln manche Speise und die feinsten Leckerbissen auch zu transportieren wissen. Deshalb gibt es Bier und Weine und für Damen ferner feine fruchtig duftende Essenzen, stets mit Anmut zu kredenzen. Auch fehlt nicht der Magenbitter, vorzubeugen dem Gewitter, das bei längerem Gelage kommen mag als wahre Plage. Wer das kennt im Leib, in Därmen, wird sich hierfür gern erwärmen. Eingeschränkt wird der Genuß,
wenn man ständig schwatzen muß, beispielsweise weil zwei Nichten über Arbeitsstress berichten. Deshalb werden aufgeboten Reden und Gesang nach Noten. Ferner spielt als Klassenbester ein Solist mit Blasorchester. Auch erscheint ein Kirchenchor, Dirigent der Herr Pastor. Bravorufe und ein Tusch!
Aus der Tür tritt Wilhelm Busch, feierlich im Paletot, seine Augen blicken froh. Dann hat er das Wort genommen: "Alle heiße ich willkommen! Danke allen, die erschienen! Bitte, sich nun zu bedienen, denn das Mahl wird aufgetragen, und da schmunzeln Mund und Magen." So beginnt das Freudenfest,
das sich nicht beschreiben läßt... © Joachim Klinger - Erstveröffentlichung zu
Wilhelm Buschs 175. Geburtstag am 15. April 2007 |
© Joachim Klinger 2007 Dr. Joachim Klinger, * 1932 in Dortmund, seit 48 Jahren verheiratet, Vater, Großvater, Jurist (Promotion 1960)
bis 1964 Arbeit am Schulkollegium Münster 1964-1994 Kultusministerium NRW Veröffentlichungen (Auswahl): "Prozeß und Zeichnung - Justizkarikaturen" (1973), "Freispruch für die Karikatur" - ein Plädoyer mit Illustrationen (1999), "In Hafenkneipen trifft sich gern der Ringelnatz mir Morgenstern" - Lyrische Kapriolen und Karikaturen (2002), "Morgensterns Kater, Ringelnatzens Pinguin" (2004), "Wadenkrampf bei Waterloo" (2006) seit 2007 Autor und Illustrator der "Musenblätter" Illustrationen (u.a.): zu Ulrich Harbecke "Mantel, Schwert und Feder", ders. "Literadatsch", zu Martin Bergande "Der irrende Ritter der Poesie oder Grabbe in Düsseldorf" Ausstellungen (Auswahl): 1992 Orangerie Schloß Benrath 1995 Guardini-Stiftung in Berlin 2002 Wilhelm Fabry Museum, Hilden 2006 Matera/Italien |