Schlaraffenland ist abgebrannt!

"Es war nicht alles schlecht" - 30 Jahre Kabarett mit Wilfried Schmickler

von Frank Becker

© WortArt
Schlaraffenland ist abgebrannt!
 
Wilfried Schmickler feiert
mit einer kabarettistischen Breitseite in
„Es war nicht alles schlecht“
seine 30 Jahre Bühnenpräsenz
 
 
Niemand könnte ihm nachsagen, er sei ein Optimist oder gar ein Philanthrop vom Schlage des ewig und zu allem lächelnden Dalai Lama. Das wäre weit gefehlt. Wilfried Schmickler ist böse, böse auf all die Hasardeure und Plünderer aus Banken- und Wirtschaftswelt, die skrupellosen Verbrecher und ahnungslosen Dilettanten, die uns, d.h. Sie und mich, ausgesaugt und benutzt haben, um sich zu bereichern und die nun den Kadaver Deutschland einer hoffnungslos überforderten Regierung mit Dünkelprinzen á la Guttenberg (von und zu), Leerformeln wie Merkel, Steinbrück und Steinmeier zur Wiederbelebung vor die Füße werfen. Böse ist er auf Annette Widmann-Mauz (CDU), die dreist Steuergelder bei einer „Dienstreise“ des Gesundheitsausschusses nach San Francisco (was wollten die da?) verpulvert hat, und böse ist er auf den Neo-Dadaismus der Durchsagen der Deutschen Bahn.
 
Das läßt er zum Beginn seines gut zweistündigen (netto) Programms „Es war nicht alles schlecht“ mit einer brillanten Schimpfkanonade heraus, die sich gewaschen hat und nichts und niemanden ausläßt, vom Hilfskommunisten Lafontaine bis zum Kapitalisten-Gespenst Ackermann. Besonders pflegt er seine Haßliebe zur F.D.P. und ihrem Gu-ie-do, der als running gag  immer wieder auftaucht und mit Häme überzogen wird. Was Wilfried Schmickler in seinem á jour gebrachten Programm an Gift und Galle verspritzt, soll treffen, soll weh tun. Allen, die gemeint sind, auch Ihnen und mir. Denn wir sind es, die wir als tumbes Wahlvolk den gefährlichen Unfug auch noch mitmachen. Wilfried Schmickler will nicht lieb und versöhnlich sein. Davon gibt es genug. Er ist – das dürfen Sie wörtlich nehmen – die zornige Stimme des Volkes. Dabei ist der „Mann mit der Axt“, wie er in einem seiner früheren Programme apostrophiert wurde, ein ausgemachter Perfektionist.
 
Damit es auch wirklich schmerzt, schwingt Schmickler zum ätzend scharfen Redefluß und bitterbösen Liedgut die neunschwänzige Katze der Satire, die er Hieb auf Hieb niedersausen läßt. Die reißt Wunden, die hoffentlich noch mancher Gast des hervorragenden Abends zu Hause lecken wird. Das trifft auch gesellschaftskritische Aspekte wie die Zerstörung der Kultur durch inhaltsleere Fernsehprogramme und die Verwilderung der Jugendsprache. Die vorgetragenen Beispiele lassen erschaudern. Leute: Augen und Ohren auf! Das ist die Botschaft des kompromißlosen Gesellschaftskritikers, dessen Stimme gehört wird und der nicht ohne Grund mit den höchsten Kabarettpreisen ausgezeichnet wurde. Schmickler will nicht „nur spielen“ - seine Breitseiten sollen versenken. Er feuert sie mit Wollust ab, sein Publikum wird vom Maelstrom seiner schmerzlichen Wahrheiten mitgerissen und findet sich im Wahljahr zwischen Amüsement und Revolutionsbereitschaft wieder.
 
Gut zwei Stunden Schmickler sind wie ein reinigendes Bad im Höllenfeuer. Dabei erlaubt er sich durchaus auch Abstecher zum Kalauer und zum köstlich erzählten Witz. Ein begnadeter Jongleur mit Wort und Wahrheit. Das Wort von der Wachstumsgesellschaft macht er deutlich an dem, was wächst: Ozonloch, Wüsten, Meeresspiegel, Armut, Überwachungsstaat. Nicht komisch. Wir alle wissen es, er traut sich, es zu sagen: „Kein Staat hat das Recht, junge Menschen zu Soldaten zu machen.“ Nicht komisch. Ein Lied über Folter in bester Tradition und Melodie an Ulrich Rosky erinnernd „Ein bißchen Folter“. Nicht komisch. „Ich bin stolz ein Deutscher zu sein – wenn ich zwei oder drei davon wäre: nicht auszudenken!“ Nicht komisch. Aber alles ist so grausig wahr. Das Fazit daraus: „Es war nicht alles schlecht. Das meiste war viel schlechter“. Bitter. Und dann doch wieder komisch, weil Wilfried Schmickler es hervorragend verkauft. Apropos: was haben Volksvertreter und Schnürsenkelvertreter gemeinsam? Sie verkaufen das, was sie vertreten. Schlaraffenland ist abgebrannt.
 
Das Programm, mit dem er auch weiterhin auf Tournee ist, gibt es in Ausschnitten (1 Stunde, 18 Minuten) auch auf einer CD – näheres unter: www.wortart.de
Die Heimseite des Künstlers finden Sie unter: www.wilfriedschmickler.de