Delikate Sprache, hoher Genuß

Michael Zeller - "Der Schüler Struwe"

von Frank Becker
Das Bild eines Menschen

Er ist anders als seine Mitschüler, reizt durch seine Erscheinung, Kleidung und durch sein Verhalten zu Frotzeleien. Er ist anders, so anders, daß der Erzähler in Michael Zellers kleiner Novelle "Der Schüler Struwe" eben diesen Klassenkameraden eindrücklicher als andere im Gedächnis bewahrt. Arthur Struwe, Kleppermantel, Aktentasche, mahlende Kiefer. Michael Zeller zeichnet das Porträt dieses etwas ungelenken jungen Burschen, der es im Leben nicht leicht zu haben scheint, mit großer Zurückhaltung und einer gewissen Zuneigung zu einem, den man verstehen möchte, der aber nicht zu verstehen ist, weil er sich dagegen sperrt. Man meint im Verlauf der Erzählung Struwe näher zu kommen, doch Zellers Plan ist, den Leser ebenso an Struwes Kleppermantel abgleiten zu lassen, wie den Erzähler selbst. Das gilt für das erste Kennenlernen wie für das spätere Wiedersehen. Der Plan geht auf.

Das delikate, leise Bändchen aus der Reihe "Die besonderen Hefte" des NordPark Verlags ist schmal, nur 32 Seiten stark, doch es birgt in den Bütten-eingeschlagenen, fadengehefteten Blättern einen sprachlichen Schatz, der schwerer wiegt als ein Hunderte Seiten mächtiger, laut daher kommender Bestseller. Zeller hat im vergangenen Jahr den hoch angesehenen Wuppertaler Von der Heydt-Preis bekommen, die höchste kulturelle Auszeichnung der Stadt, aus der seit Else Lasker-Schüler und Paul Zech, Robert Wolfgang Schnell und Rudolf Herzog Literaturen von Rang quellen.
Jörg Aufenanger und Eugen Egner, Karl Otto Mühl und Hermann Schulz, Arnim Juhre und Karla Schneider sind nur einige von denen, die aus der "Fabrikstadt an der Wupper" einen veritabel sprudelnden Born hervorragender Literaturen gemacht haben.

Michael Zeller, seit vielen Jahren bekennender Wuppertaler und seit deren Bestehen Freund der Musenblätter, hat dem mit seinem Prosa-Werk eine Facette von hohem Rang zugesellt. "Die Sonne! Früchte. Ein Tod", "Die Reise nach Samosch", "Granaten und Balladen" legen Zeugnis von seiner sensiblen Erzählkunst, seiner unaufdringlichen Sprachgewalt, seinem humanistischen Kosmos ab. Nun dieser kleine Text. Das ist schnell gelesen - auf den ersten Blick. Doch man liest es danach gleich noch einmal, um erneut in den hohen Genuß seiner Sprache zu kommen. Und man legt das Heft nicht allzu weit weg. Es muß in Reichweite bleiben. Eine Empfehlung.

Beispielbild


Michael Zeller
Der Schüler Struwe

© 2009 NordPark Verlag
Die besonderen Hefte
32 Seiten, Broschur, Fadenheftung, ill. Schutzumschlag - 5,50 €

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