Walpurgisnacht

Maibäume und andere Volksbräuche zum 1. Mai

von Andreas Rehnolt

Maibaum - Foto © Rainer Sturm / Pixelio
Von Hexen und
buntgeschmückten Bäumen
 
Volkskundler aus Münster erkundeten
die Geschichte der Maibäume
 
Münster - Nicht nur auf dem Blocksberg im Harz, auch an den westfälischen Externsteinen in Horn-Bad Meinberg (Kreis Lippe) gibt es in der Nacht zum 1. Mai wieder ein buntes Treiben zur Walpurgisnacht. Christiane Cantauw von der Volkskundlichen Kommission für Westfalen beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe weiß auch von vielen anderen Festen und Feiern, die den Wonnemonat Mai einleiten. Seit etwa 30 Jahren werden auch in Westfalen vielerorts wieder Maibäume aufgestellt, um die herum am 1. Mai oder zu Pfingsten getanzt und gefeiert wird.
 
Einzelne Belege für Maibäume in Westfalen liegen bereits aus dem 17. Jahrhundert vor. Im Siegen-Wittgensteinischen Bürbach und in Horstmar (Kreis Steinfurt) wurden 1619 und 1623 nachweislich Maibäume aufgestellt, was offenbar aber nicht bei allen Ortsansässigen auf Gegenliebe stieß. Jedenfalls beschwerten sich in Bürbach die Mitglieder des Presbyteriums über den Brauch. "In Horstmar herrschte dahingegen mehr Einigkeit. Die Stadtmusikanten spielten auf zum Tanze und Bürgerkinder und Studenten sollen unter der Ägide des Schulmeisters Ringelreihen getanzt haben. Außerdem wurde zu dieser Lustbarkeit aus der Stadtkasse einiges beigesteuert", berichtet Cantauw über den Brauch, der als "Maiböcke richten" bekannt war.
 
Im 19. und vor allem im 20. Jahrhundert ließ sich dann ein Rückgang des ehemals bunten Treibens in der Mainacht und am Maitag beobachten. Die Maizeche in Unna, die 1853 endgültig verboten wurde, ist kein Einzelfall. Auch die Maigrafenfeste und Mailehen, bei denen die unverheirateten jungen Leute sich ein Oberhaupt wählten und teils ausschweifende Feste feierten, gab es zu dieser Zeit nicht mehr so häufig. Abgeschwächte Formen wie Maigänge und der Tanz in den Mai, der von Gaststättenbetreibern veranstaltet wurde, lösten das ehemals teils wilde Treiben ab, erläutert Cantauw.
 
Mit den offiziellen, politischen Maifeiern kamen im 20. Jahrhundert noch eine andere Festkomponente hinzu. Bereits die Weimarer Nationalversammlung hatte einen Anlauf genommen, den 1. Mai zum gesetzlichen Feiertag zu bestimmen. Das entsprechende Gesetz bezog sich allerdings nur auf den 1. Mai 1919. 14 Jahre später, 1933, wurde der 1. Mai dann von den Nationalsozialisten zum gesetzlichen Feiertag, dem "Tag der nationalen Arbeit" erklärt. Er wurde mit Aufmärschen, Umzügen, politischen Reden, Fahnenweihen und mit dem möglichst flächendeckenden Aufrichten von Maibäumen begangen.
 
Die Tatsache, daß die Nationalsozialisten die Maibäume und Maifeierlichkeiten für sich vereinnahmt haben, trug nach 1945 nicht unwesentlich dazu bei, daß dieser Brauch in der Versenkung verschwand. Eine Umfrage der Volkskundlichen Kommission für Westfalen ergab 1948, daß nur noch in fünf von 275 Orten in Westfalen, die sich an der Umfrage beteiligt hatten, ein Maibaum aufgestellt wurde. Erst in den 1970er und 1980er Jahren stieg das Interesse für diesen Brauch wieder an. Unterschiedliche Vereine in Stadtteilen und ehemals selbständigen Gemeinden wollen durch das Aufstellen von Maibäumen und die Veranstaltung eines Festes die lokale Identität stärken. Dazu gehört vor allem im ländlichen Bereich auch das Stehlen des Maibaums der Nachbargemeinde, was zum teils handgreiflich deftigen Kräftemessen der jeweiligen jungen Burschen wurde.

Redaktion: Frank Becker