Lautstarke Bräuche rund um Ostern

Lärmen hat an Ostern Saison

von Andreas Rehnolt
Lärmen und Lachen haben an Ostern Saison
 
Volkskundlerin erinnert an zahlreiche lautstarke Bräuche
rund um das älteste christliche Jahresfest
 

Münster – Heute am Gründonnerstag ist es wieder soweit: Nach dem Gloria des Hochamtes schweigen die Kirchenglocken. Um die Bußbereitschaft zu zeigen, sind sie bis zum Ostersonntag ebensowenig zu hören, wie das "Halleluja" der Gläubigen. Aber dann geht es in den und um die Kirchen umso lauter zu. Christiane Cantauw, Volkskundlerin beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe, erinnert an den alten Brauch in den meisten katholischen Gemeinden, daß sogenannte Rappeljungs durch die Straßen zogen und die Gläubigen mit ihren Klappern und Ratschen auf den baldigen Beginn des Gottesdienstes aufmerksam machten.

Radau und Halleluja

Nach den "stillen Tagen" wurde und wird in einigen Gemeinden an Ostern der Freude über die Auferstehung Jesu Christi lautstark Ausdruck verliehen. In Warendorf-Milte und Münster-Coerde war es beispielsweise üblich, daß zu Ostern geböllert wurde. Mit Milchkannen, denen mittels eines Gemischs aus Karbid und Wasser der Deckel abgesprengt wurde, konnte ein beträchtlicher Lärm erzeugt werden. Besonders greifbar wird das Ende der "stillen Zeit" im sauerländischen Hallenberg, wo sich die sogenannte Krachnacht zu einer wahren Touristenattraktion entwickelt hat.
Um Mitternacht versammeln sich zahlreiche Gläubige und eine wachsende Anzahl von Touristen auf dem Marktplatz am Ostchor der Pfarrkirche. Mit dem letzten Glockenschlag erklingt das Hallenberger Fastenlied. "Danach beginnt ein unvorstellbares Lärmen, das mit allen möglichen und unmöglichen Geräten, teils auch mit sogenannten 'Lärmmaschinen' erzeugt wird. Prozessionsartig bewegen sich die Krachnacht-Teilnehmer durch die Straßen der Stadt und ziehen schließlich dreimal um die Kirche herum", berichtet Cantauw. Ähnliche Lärmumzüge waren in der Barockzeit weit verbreitet. "Mit Böllern, Lärm, lautem Gesang und Halleluja-Rufen verleihen die Gläubigen ihrer österlichen Freude Ausdruck," so die Expertin.
 
Aufwachen zum Gebet!

Der Lärm diente aber nicht zuletzt auch dazu, die Gläubigen zu wecken. So übernahm im Kreis Steinfurt beispielsweise der Küster das Wecken der Gläubigen am frühen Morgen des Ostersonntags. Morgens um 4 Uhr ging er von Haus zu Haus und sorgte durch heftiges Klopfen und Rütteln an den Fensterläden dafür, daß niemand das freudige Ereignis verschlief. Für seine Dienste erhielt er am Ostermontag in sämtlichen Häusern der Gemeinde einen kleinen Obolus.
Ab Mitternacht war auch für die Einwohner von Delbrück im Kreis Paderborn an Schlaf nicht mehr zu denken. "O crux, ave, spes unica" ertönte es bis in die 1950er Jahre in den Straßen. Rasseln und feierliches Glockengeläute machten auf den Beginn des Gottesdienstes in der Osternacht aufmerksam. Der Brauch des dreimaligen Kirchenumgangs, bei dem der Priester nach jeder Runde lautstark an die Kirchentür schlägt, wurde auch andernorts gepflegt. Die Krönung dieses Umgangs war es, wenn sich nach dem dritten Klopfen die Kirchentür öffnete, die Orgel aufbrauste und das Alleluja erschallte.
 
Das Osterlachen allerdings ist seit langer Zeit verschwunden. Es handelte sich laut Cantauw um einen Brauch, der immerhin vom Spätmittelalter bis in die Barockzeit weit verbreitet war. "Weil man davon ausging, daß derjenige, der lacht, Lebensfreude verspürt und deshalb empfänglicher ist für die österliche Botschaft, versuchten die Prediger durch allerlei lustige Bemerkungen, Witze oder Anekdoten das in der Kirche versammelte Volk zum Lachen zu bringen," berichtete die Volkskundlerin.