In einigen deutschen Bundesländern sind die Osterferien schon eingeläutet worden, in anderen scharren die Schüler schon mit den Hufen. Und weil die Schulbehörden in diesem Jahr sehr großzügig sind, ist die Zeit zum Ausspannen zum Teil ordentlich lang. Das verlockt Familien zum gemeinsamen Urlaub, in dem man die ersten Sonnenstrahlen genießen und sich auch ab und an mit einem Buch in die Schmökerecke zurückziehen kann.
Wir haben einen kleinen Querschnitt unterhaltsamer Literatur zusammengestellt, um Ihnen die Auswahl evtl. ein wenig zu erleichtern. Vielleicht ist ja für Ihren Geschmack das passende Buch dabei. Das würde uns freuen. Und keine Sorge: die einzige Gefahr des Buches liegt darin, daß man von Fall zu Fall abends nicht aufhören kann. Das betrifft alle die Bücher, die wir Ihnen heute hier präsentieren, ob es (Auto-)Biographien sind, Sachbücher, große oder kleine Romane. Über aktuelle Krimis informieren wir Sie in einer eigenen Kolumne.
Asterix´ Vater
Alle kennen seit Lese-Generationen die Comic-Zeichnungen des Franzosen Albert Uderzo (*1927), der vor allem durch die gemeinsam mit René Goscinny entwickelte Serie um den tapferen Gallier
Asterix, seinen Freund Obelix und das gallische Dorf, das den Römern erbitterten Widerstand leistet, berühmt wurde. Schon davor hatte er sich als Zeichner von "Pit Pistol", "Tanguy", "Luc junior", "Umpah-pah" u.a. einen Namen gemacht, doch mit "Asterix der Gallier" kam der Durchbruch. Die Bücher von Uderzo und Goscinny wurden in unzählige Sprachen (in Deutschland auch in viele Dialekte) übersetzt und erreichten dreistellige Millionenauflagen. Nach dem frühen Tod des Partners machte der lebensfrohe Ferrari-Fan Albert Uderzo alleine und erfolgreich weiter.
Der Verlag EGMONT/Ehapa hat in seiner Reihe "Comic Collection" jetzt die 2008 erstmals in Frankreich erschienene Autobiographie Uderzos herausgebracht, die er anläßlich seines 80. Geburtstags 2007 geschrieben hatte. Locker und leserfreundlich formuliert, in griffige kurze Kapitel verpackt erzählt der erfolgreiche und vielfach ausgezeichnete Künstler sein privates Leben an der Seite von Ehefrau Ada und die berufliche Entwicklung von den frühen Anfängen als Autodidakt bis zum Star. Er bleibt dabei allerdings spürbar an der Oberfläche, so wie ein Plauderer in animierter Gesellschaft von Fremden. Man merkt, daß ihm das Schreiben weniger liegt als das Zeichnen. Dennoch sehr lesenswert, weil ein erster Einblick in die Szene.
"Ach ja, früher war da mehr...", wird der eine oder andere seufzen, der die Erotik in der Literatur oder gar im eigenen Leben vermißt. Der Diogenes Verlag hat den Seufzer mit einer hochwertigen
erotischen Anthologie aufgegriffen. Daniel Kampa hat Erzählungen von Gabriel Garcia Marquez, Leon de Winter, Ian McEwan, Doris Dörrie, Henry Slesar, Philppe Dijan, Bernard MacLaverty, Arnon Grünberg, John Irving, Ray Bradbury, Javier Marias, David Lodge, John Updike und Jeffrey Eugenides zu einem delikaten Kompendium zusammengestellt, das eine Bahn- oder Flugreise, eine Ferienwoche im Strandkorb oder einen verregneten Tag daheim kurzweilig mit dem gewissen Kick gestaltet. Natürlich fehlt auch Vladimir Nabokov mit einem Kapitel seiner "Lolita" nicht, hat F.K. Waechter eine herrliche kleine Spanner-Geschichte in drei Sätzen beigetragen und Roland Topor den schönsten Busen der Welt. Und zum Glück müssen wir weder Henry Miller noch Charles Bukowskis scheinbare Erotik, die nichts anderes als Pornographie ist, ertragen. Diogenes liebt es stilvoll literarisch, nichtsdestoweniger subtil erotisch.
Neukölln beginnt am Hermannplatz. Mit diesem lakonischen, grandiosen kleinen Satz beginnt Johannes Groschupf (kein Berliner!) sein empfindsames Portrait eines Berliner Stadtteils der kleinen
Leute: Hinterhofhelden". Hans Odefey kommt Anfang der 80er Jahre zum Studieren nach Berlin. Eine Wohnung findet er wie viele Studenten zu dieser Zeit in einer Ecke, die viel für Berlin Typisches hat - was nicht immer unbedingt anheimelnd sein muß, aber eben Berlin ist. Mit O-Tönen. Hinterhof, 4. Stock, Klo auf halber Treppe, Klopfstange und Müllkästen im Hof, Dielen ochsenblutrot. Es gibt das ganze Personal des kleinbürgerlichen Berlin, Stammkneipe "Ambrosius", BVGlern, miesepetrigem bulligem Hauswart, dessen rolliger blondierter Gattin mit großem Herzen und eben Nachbarn. Auch eine Liebesgeschichte steckt mit drin. Und ein Boxkampf. Wer etwas über Berlin und seine Menschen erfahren und sich zugleich wunderbar unterhalten möchte, ist mit diesem kleinen Roman bestens bedient. Ein Buch wie das Leben, mal schön, mal traurig, mal brutal, mal versöhnlich.
Der Braunschweiger Groschupf schöpft, so scheint es, aus eigenen Erfahrungen, denn hinter (oder in) seinem Protagonisten steckt eine Menge von ihm selbst - verrät seine Biographie. Aba eins, Herr Jroschupf: in Berlin heeßt det "Taxe" und nich "Taxi"!
Ein opulentes "Bücher-Menu in 12 Gängen" kredenzt Hanns-Josef Ortheil in seinem wörtlich zu nehmen delikaten jüngsten Buch "Lesehunger". Ein beneidenswerter Mann, der nicht nur schöne
Dieses Buch fehlte seit seiner Erstausgabe 1989 bei Wagenbach schmerzlich. Die überarbeitete Neuauflage als WAT 529 ist ein Labsal. Klaus Völker, verdienstvoller Herausgeber der Boris
Ich muß zugeben, daß ich es wegen seines epischen Umfangs noch nicht geschafft habe, diesen Roman zu Ende zu lesen. Dennoch soll er seinen Platz in dieser Kolumne finden. Schließlich ist Joey
Goebels "Heartland" ein wundervoller Entwicklungsroman, der in einer Welt stattfindet, in der das Entwickeln naturgemäß sehr schwer ist: in der Provinz im Herzen der USA. Da wir wissen, daß eigentlich die ganzen USA eine einzige Provinz sind, das Denken eingeschlossen, sind wir darauf vorbereitet, was uns also in Bashford erwartet, der Heimat unseres Anti-Helden Blue Gene Mapother. Dessen Leben scheint schon mit 27 gelebt zu sein. Nichts passiert mehr, sicher auch, weil er es nicht will. Er hängt rum, vernachlässigt alte Freundschaften, handelt mit Trödel, ißt Fastfood, trinkt Bier und Limonade, liebt Waffen, TV und Monstertrucks. Bis die Liebe und die Politik Einzug in seine selbstgewählte Isolation halten. Blue Gene fängt wieder an zu leben und zu handeln. Joey Goebel gehört sicher zu den ganz großen Entdeckungen der amerikanischen Literaturszene. John Irving hat ernsthafte Konkurrenz oder gar einen Nachfolger in der Publikumsgunst gefunden. Reicht für einen ganzen Urlaub.