Sein oder nicht sein...

Tod und dem Sterben in der Rockmusik - Eine Ausstellung im Rock 'n' Popmuseum Gronau

von Andreas Rehnolt

© Smash 2032
"The Sun ain't gonna shine anymore"
 
Rock 'n' Popmuseum in Gronau widmet sich
dem Tod und dem Sterben in der Rockmusik

 

Gronau - "The Sun ain't gonna shine anymore" lautet der Titel einer sehenswerten Ausstellung im Rock 'n' Popmuseum im westfälischen Gronau, die am vergangenen Sonntag eröffnet wurde. Die Schau um Tod und Sterben in der Rockmusik zeigt nach den Worten von Projektentwicklerin Barbara Sydow "die dunkle, morbide Seite des Glitzerbusiness". Bis zum 26. April sind allein 200 Platten- und CD-Cover, dazu zahlreiche Songbeispiele, übersetzte Liedertexte, Videoclips und dreidimensionale Exponate zu sehen, welche die Besucher in die Welt jenseits von Scheinwerfern und Bühnenshows führen.

© Liberty - Foto: Frank Becker
 
Der Gang durchs Museum am Udo-Lindenberg-Platz in Gronau ist eine morbide  Rückschau in die Zeit der frühen 1960'er Jahre, gibt den Blick frei auf die klassische Rockmusik der frühen 70'er, des dann folgenden Punk bis hin zu den heutigen Spielarten des Rock. Dabei ist das Konzept der Ausstellung, die jeweiligen Nuancierungen und Besonderheiten mit Blick auf das Thema Tod herauszuarbeiten. Nicht verwunderlich, daß das Museum für Sepulkralkultur in Kassel Kooperationspartner ist. Die Schau um Mord und Selbstmord, Katastrophen und Trauer, aber auch um die Schönheit des Todes als genre- und zeitenübergreifende Topoi der Rockgeschichte wird dort in einer zweiten Station gezeigt. 
 
Der Titel der Ausstellung beruht nach den Worten von Kurator Thomas Mania übrigens auf einem Song der Gruppe Walker Brothers, der eher auf eine sehnsüchtige Liebe zielte, als auf die Endzeit. Nach dem Tod des Sängers der Post-Punk-Band Joy Division wurde das Lied dann zum düsteren Todessong, dessen Melodie bis heute vielen 50- bis 60-Jährigen immer noch im Kopf geblieben ist. Drei Jahre nur existierte die britische Punk-Band mit ihrem an Epilepsie erkrankten Sänger Ian Curtis, der 1980 durch Selbstmord aus dem Leben schied und dem die Band eine Cover-Version des Hits aus dem Jahr 1966 zum Abschied widmete.
 
Erstaunlich, wie viele Titel sich um Sterben und Tod ranken. Der fast 12-minütige Song "When the

© Electra
music's over, turn out the ligths" von The Doors, ist 1967 fast schon eine Aufforderung zu Chaos und Tod. Oder "This is the end", von Doors-Sänger Jim Morrison ekstatisch aggressiv, fast weltentrückt ins Mikrofon gehaucht, bevor der Song "The End" in einer wilden Kakophonie seinen Ausklang nimmt. Nur wenig später findet das Leben des charismatischen Doors-Sängers ein ähnlich spektakuläres Ende. Natürlich gibt es Devotionalien von Morrison in der Ausstellung und legendäre Fotos von seinem lange Jahre "als Kultstätte" verehrten Grab auf dem Pariser Friedhof Pere Lachaise.
 
Mitte der 1960'er Jahre thematisierten Sänger den Tod im Psychedelic Rock. Sie machten durch ihren Drogenkonsum quasi todesähnliche Erfahrungen, so die Kuratoren. Psychedelische Utopien wechselten ab mit Ernüchterungen. Auf Höhenflüge folgen Abstürze. Der Frage nach dem Zusammenhang von Tod und Rockmusik wird in der Schau weniger unter dem Gesichtspunkt des frühen Ablebens vieler Rockgrößen nachgegangen. Obwohl es natürlich den Hinweis gibt, dass Jimi Hendrix erst 27 Jahre war, als er starb und Janis Joplin ebenfalls mit 27 Jahren durch Drogen und Alkohol zu Tode kam.
 
"No Sun, no Fun, no Future" heißt es auf einem Plakat. Auf einem anderen: "Gott ist ein Popstar. Aber was ist der Tod?" Studenten des Instituts für Soziologie der Universität Münster haben sich in zahlreichen Texten für den umfangreichen Katalog zur Schau mit der Thematik beschäftigt. Von Sehnsucht nach dem Tod ist dort die Rede und davon, daß zum Beginn der 1970'er Jahre "der Tod im Umfeld der Rockmusik angekommen" war. Auf Plattencovern tauchen erstmals Motive von Beerdigungen auf.

© Decca
 
Die Gruppe The Who sang in ihrem 1965er Hit "My Generation" (Text Pete Townsend) die Zeile "I hope I die bevore I get old". Pink Floyd hatte Riesenerfolg mit "Dark side of the moon". Die Bollock Brothers zeigten 1983 auf dem Platten-Cover "The last Supper" (Das letzte Abendmahl) die berühmte Szene von Jesus und seinen Jüngern, nur, daß sie die Köpfe der Jünger durch berühmte Tote der Rockgeschichte ersetzten. Einige Jahre später hatte die Dark-Rock-Band Paradise Lost Erfolge unter anderem mit dem Album "Shades of God". Noch später die Gruppe Slade mit "How does it feel?" über das letzte Konzert. Man könnte noch jede Menge Gruppen aufzählen, wie Cream, Velvet Underground, The Moody Blues, die sich ebenfalls in ihren Songs mit Tod und Sterben auseinandergesetzt haben.
 
Und da war natürlich der frühe Tod von Eddie Cochran 1960 und sein ein Jahr zuvor aufgenommener Song "Three Steps to Heaven". Der schoß nach seinem Tod als Vorahnungs-Titel gedeutet, auf Platz eins der britischen Hitparade. Und da war der Song von Don McLean, "The day the music died", den er nach dem Tod von Buddy Holly aufgenommen hatte und der immer wieder auch von anderen Sängern interpretiert worden ist. Die Schau in Gronau zeigt, daß Zeitgeist, Genre und Stilart der Musik jeweils einen eigenen Umgang mit der Unausweichlichkeit bewirkt haben. "Das Restrisiko von Rockmusik liegt in der Verstärkung emotionaler Instabilität" heißt es im über 250-seitigen Begleitkatalog zur Ausstellung, der im Telos-Verlag erschienen ist.
 
Das Museum in Gronau ist mittwochs bis sonntags von 10 bis 18 Uhr geöffnet.
Internet: www.rock-popmuseum.de

Redaktion und Recherche: Frank Becker