Die harte Realität

„Warfare“ von Alex Garland und Ray Mendoza

von Renate Wagner


Warfare
USA 2025

Regie: Alex Garland, Ray Mendoza
Mit: D’Pharaoh Woon-A-Tai, Will Poulter, Cosmo Jarvis, Joseph Quinn, Kit Connor, Finn Bennett, Taylor John Smith u.a.
 
Wenn man bedenkt, wie „romantisch“ Kriegsfilme früher waren, auch wenn sie Grausamkeit nicht scheuten! Aber da ging es um Psychologie und Hochdramatik, da ging es um Heldenhaftigkeit und dramatische Entscheidungen, menschliche Konflikte und auch leidende Frauen zuhause, da litt man regelrecht mit – und hat vermutlich immer nur Kino gesehen.
„Warfare“ tritt unter ganz anderen Voraussetzungen an. Der Film der Regisseure Alex Garland und Ray Mendoza, der auf persönlichem Erleben Mendozas im Irak-Krieg beruht, zeigt nichts als harte Realität. Tatsächlich dürfte sich am 19. November 2006 im Irak genau das abgespielt haben, was hier in eineinhalb Kinostunden in Echtzeit erzählt wird.
Sonst würde man die Gruppe der Navy Seals, die in einer ungenannt bleibenden Stadt im Lauf einer Aktion unter schwersten Beschuß gerieten, nicht am Ende (wie bei Filmen, die auf Tatsachen beruhen, so oft) die „echten“ Soldaten von damals neben ihren Darstellern vorgeführt bekommen.
Diese sind übrigens durchwegs unbekannt, und da das Geschehen so schnell läuft und man keine Zeit hat sich an die Gesichter zu gewöhnen, stellt sich für den Kinobesucher auch keine echte Beziehung zu den Soldaten her. Aber genau das ist ein Teil des Konzepts von „Warfare“, wo es nicht darum geht zu erfahren, wer die Männer sind, woher sie kommen, was sie empfinden usw. Man „menschelt“ nicht, es geht um Leute, die ihren – in diesem Fall häßlichen – Beruf ausüben. Man sagt uns nicht, was wir zu dem Ganzen denken sollen. Das ist Sache jedes Einzelnen im Zuschauerraum.
 
Die „Handlung“ ist denkbar simpel. Soldatenalltag in einer Stadt, wo hinter jeder Ecke die Gegner lauern. Natürlich ist man selbst nicht eben der noble amerikanische Retter, wenn die Männer in das Gebäude einer Familie eindringen. Dort positionieren sie sich, einige wie festgenagelt an ihren Scharfschützengewehren und durchs Fadenkreuz schauend, und beobachten das Geschehen draußen. Mit ihren Führungsoffizieren sind sie per Headsets dauernd im Kontakt.
Daß sie von Granaten zuerst, Bomben dann dermaßen überrascht werden, verwundert eigentlich. Tatsache ist, daß es Verletzte gibt, deren Schmerzensschreie einem lange quälend in den Ohren klingen, während ihre Kameraden versuchen, sie in Sicherheit zu schleppen. Es gibt kein individuelles dramatisches Geschehen, nur den nötigen Rückzug. Und offenbar haben alle – wie die späteren Bilder zeigen – überlebt, wenn auch vielleicht als Krüppel im Rollstuhl. Man kann die Sinnlosigkeit des Krieges gar nicht klarer machen als in dieser minimalistischen Tatsachenbeschreibung, die ohne Musik auskommt, nur die realen Geräusche bietet,
 
Das Erstaunen über den Bruch mit jeglicher Kriegsfilm-Tradition war bei der internationalen Kritik groß (wobei man konzedieren muß, daß man doch sehr an „Black Hawk Down“ von Ridley Scott aus dem Jahr 2001 erinnert wird, wo eine ähnliche Aktion in Somalia im Mittelpunkt stand). Aber sonst… wenn man an die dramatischen Kriegsfilme aus dem Zweiten Weltkrieg („Die Brücke am Kwai“), aus Vietnam (mit John Wayne oder Sylvester Stallone) denkt, ist unsere Zeit in Hinblick auf realistische Betrachtung schon ziemlich weit gekommen. Allerdings – „unterhaltend“ im Sinn von „Kino“ ist Krieg auf diese Weise nicht.