Das menschliche Maß

Horst Wolf Müller - "Ostdrift"

von Karl Otto Mühl
Das menschliche Maß
 
Ich will an einige Stücke und ihren Autor erinnern, beide einzelgängerisch so wie er nun einmal erscheint.  Damals schon über Fünfzig, wurde Horst Wolf Müller unerwartet mit mehreren Werken an mehreren Theatern uraufgeführt. Das ist schon einige Zeit her. Das Theater ist meist kurzlebig, Müllers Themen sind es nicht.
 
Das war in den Achtziger Jahren, und der Autor war zu jener Zeit ein stiller Journalist vom Bundes-Presseamt, der nachts mit Kopfhörern vor dem Abhör- oder Auswerterpult saß. Er verlieh seiner Heimat (es waren zwei, Schlesien und später die Oberpfalz) seine Stimme. Die Stücke hießen „Schedlhöfen“, „Und wie die Welt so weit“, „Komarek“, „Dr. Potemkin“ – der letzte Titel verrät, was es bei Müller auch gibt: Satire und Ironie. Die glitzerten auch in Müllers Rundfunkbeiträgen, oder in seinem Stück „Bernhard“ (Studio ORF Salzburg), in dem sich der große österreichische Dramatiker mit allem seinem Menschlichen seiner Amme anvertraut, während er vor dem Salzburger Dom auf einen Interviewer wartet. „Müller bringt den Schreibgiganten auf ein menschliches Maß,... den vor Liebe überbordenden Melancholiker“. (Salzburger Nachrichten)
 
Müller hat als Junge die Flucht aus Schlesien erlebt, nachdem er mit seiner alten Großmutter einige Zeit unter polnischer Besatzung ausgeharrt hatte. Er kam mit seiner Familie in einem winzigen Ort in der Oberpfalz an; sie lebten auf dem Speicher eines Bauernhauses. Er erlebte also die Nazizeit, die Gewalt der Nazis, dann aber auch den Fremdenhaß, der dem Flüchtling entgegenschlägt. Das alles spürt man in seinen Werken, so wie die  innige Liebe zu Landschaft, Land und Leuten, die zum Heimweh nach Gestern wird.
 
Sein  Spektrum ist breit.  Die politische Wirklichkeit der Nazizeit im deutschen Alltag von 1939 – 1941 brachte er in „Wie die Welt so weit“ und in „Komarek“ meisterlich auf die Bühne, was in den Feuilletons nicht unerwähnt blieb. Die „Politische Korrespondenz“ schrieb über das Stück, das in der Kleine-Leute-Welt von 1932 spielt: „...hatte mit diesem Saft- und Kraft-Szenario aus alter-neuer schlesischer Barock-Mystik einen furiosen Karlsruher Theater-Erfolg“.
Seine Liebe zur Heimat durchdringt selbst die doch traurige Flüchtlingsgeschichte in  „Schedlhöfen“, in der die in der Oberpfalz Sesshaftgewordenen noch einmal vertrieben wurden. Auch dieses Stück wurde mit viel Zustimmung aufgenommen.
 
In seinen Werken, aber auch im Autor selbst, der fast verborgen lebt,  wird ein Stück unserer Welt und seiner Heimat Bewußtsein, das schwerblütig und zugleich liebenswert ist. Ich möchte es nicht missen. Die Menschen seiner Heimat fühlen und erkennen das in besonderem Maße. Kürzlich schrieb er ein Stück im Oberpfälzer Dialekt, „Stoapfalz“, das dort  in mehreren Städten immer wieder gespielt wurde.
 
Wohin Müllers Blick weiterhin gerichtet ist,  erkennt man an seinem neuen Buch. Es heißt „Ost-Drift“. Es lebt nicht zuletzt durch seine präzisen Beobachtungen und seine punktgenauen Dialoge. Eine wunderbare Lektüre zum Verständnis menschlichen Denkens und Fühlens.
Noch nicht aufgeführt sind seine beiden aktuellen Stücke „Zwei kurze Lebenläufe“  (ein Stück über Göbbels) „Alfred und Patrizia“ (ein Traumspiel).
Beispielbild

Horst Wolf Müller
Ostdrift

Reiseerzählungen

© 2008 Host Wolf Müller
© 2008 NordPark Verlag
   (Aventuur im NordPark Verlag)

255 Seiten, Broschur,
ISBN 978-3-935421-27-0
17,- €

Weitere Informationen unter:
www.nordpark-verlag.de