Faszination der 1002. Nacht

Michel Sajrawy - "Yathrib"

von Frank Becker
Faszination der 1002. Nacht

Was im 27-sekündigen Intro noch wie ein scheinbarer Mißklang daher kommt, erweist sich schon im anschließenden Titelstück "Yathrib" als ein in jeder Hinsich positiv grenzüberschreitender Glücksfall für die Musik.  Arab-Swing? Jazz? Fusion? Ethno-Pop? Weltmusik? Wer die Kompositionen Michel Sajrawys hört, möchte sie gar nicht mehr einordnen, sondern sich von ihrem unerhört farbigen Wirbel nur noch begeistern und wie auf dem ebenfalls beschworenen "Flying Carpet" forttragen lassen. Die Widersprüche seiner Herkunft als Araber christlichen Glaubens mit israelischer Staatsangehörigkeit wischt Sajrawy mit seiner multikulturellen und über- nationalen Musik beiseite.

Ins Konzept eingebunden sind Instrumental- Virtuosen aller Glaubensrichtungen des Nahen Ostens, ein unübersehbarer Beweis, daß die Kulturen sehr wohl koexistieren können und ihre Musik - auch mit der westlichen - kompatibel ist. Benannt hat Sajrawy sein Album nach der Stadt in der ehemals von Juden bewohnten türkischen Provinz Hidschaz im zentralen Arabien, die in vor-mohammedanischer Zeit Jathrib oder auch Yathrib hieß und nun als religiöses Zentrum des Islam Medina genannt wird. "Die Stadt darf von Christen und Juden bei Lebensstrafe nicht betreten werden...", gibt ein altes Lexikon Auskunft. Ähnlich ist es bis heute. Michel Sajrawy stellt dem ein liberales, lebensfrohes Yathrib entgegen, in dem sich das musikalisch Schönste des Orients miteinander und mit der des Okzidents virtuos und harmonisch verbindet.

Was er dabei mit seinen ebenbürtigen Mitmusikern vorstellt, ist ein Album von aufregender Schönheit, das mit Hilfe der Tablas von den tänzerischen Wirbeln der Derwische und dem Einklang von Violinen und Oud von den Märchen aus Tausendundeiner Nacht, Hans-Christian Andersens fliegenden Teppich eingeschlossen, erzählt und das dabei eine mitreißende Reise durch/über (wir haben ja den Teppich) die arabische Halbinsel ist. Wir erleben Basare, herrlich geschmückte, geheimnisvolle Tänzerinnen, fröhliche Feste und sehen Bilder einer berauschenden Welt. Die Reise endet in Karm El- Sheikh, einem Ort, der durch Friedensgespräche weltbekannt wurde. Könnten doch all die vernagelten Fundamentalisten gleich welcher Couleur von diesen wunderbaren Musikern lernen, die uns mit "Yathrib" ein exorbitantes Album geschenkt haben.

Soeben erschien Michel
Sayrawys neues Album "Writings On The Wall", produziert vor dem Ausbruch der neuen Gewalttätigkeiten zwischen radikalen Palästinensern und Israel, wie als vorweg genommene Mahnung zur Versöhnung im Nahen Osten. Wir stellen es Ihnen hier in Kürze vor.

Beispielbild

Michel Sajrawy
Yathrib

Michel Sajrawy  -  Gitarren
Valery Lipets  -  Bass
Ameen Atrash  -  Schlagzeug
Darwish Darwish  -  Oud
Leonid Barshtak  -  Geige, Viola
Bashir Asadi  -  Geige, Rabab
Ehab Nimer  -  Geige
Etamar Doari  -  Rek, Tabla Jarra
Kayed Silawi  -  Tabla
Ramzy Bisharat  -  Rek

Produziert von Michel Sajrawy
(P) & © 2006 Ozella Music
 
Titel:
1. Intro   0:27
2. Yathrib   4:59
3. Al-Ein (Variation)   5:41
4. In Memory of Om Kalthoum  9:36
5. Flying Carpet   6:31
6. Four Commandments   4:50
7. Father   9:18
8. Spiritual Oasis   8:46
9. Karm Al-Sheikh   7:30
 
Gesamtzeit:  57:33

Weitere Informationen unter:

www.ozellamusik.com
www.michelsajrawy.com