Nachtmusik
Die Schlafmaschine bürstet meine Haare
und klopft behutsam meine Waden.
Im Dunkeln blinkt die Nachtfanfare
und spielt das Lied vom toten Kameraden.
Die Todesorgel braust mit Trauerklängen,
so daß im Eichenschrank die Marionetten,
die reglos an den Drähten hängen,
den Aufmarsch proben wie Kadetten.
Die Schlafmaschine bläst die Plüschgerüche
vorbei an Sesseln und Vitrinen
den Flur entlang bis in die Küche
und bläht die langen Tüllgardinen.
Nun melden sich Fagott und Flöte,
begleitet von zwei Klarinetten,
und plötzlich kehrt die Abendröte
zurück ins Antlitz kleiner Amoretten.
Der Totenvogel spannt die Schwingen,
den Purpurglanz auf jeder Feder.
Erlöschen, Sterben und Verklingen
mit einem »noch« und einem »weder«.
Hörst du das Nagen der Termiten?
Die Stille jetzt vor der Kantate
erbebt im Flüstern fremder Riten
und saugt den herben Duft der Opiate.
Sei ruhig! Sie stimmen noch die Geigen.
Der Flügel wird hereingeschoben.
Die Künstler, die sich zögernd zeigen,
verneigen sich in Frack und Roben.
Der schwarze Handschuh übt sich in Etüden
und hüpft und hastet auf den Tasten.
Ein großer Falter kriecht mit müden
Gebärden aus dem Geigenkasten.
Der weiße Handschuh zupft noch die Gitarre,
dann greift er im Kamin nach roten Kohlen.
Der Falter fällt in Leichenstarre,
und mit ihm sinkt die letzte der Gladiolen.
Joachim Klinger
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