Das Goldmund-Trio mit Beethoven, Rihm und Smetana

Klaviertrio-Abend in der Villa Carnap

von Johannes Vesper

Foto © Johannes Vesper

Klaviertrio-Abend in der Villa Carnap mit dem Goldmund-Trio
 
Der bedeutende Philosoph Rudolf Carnap (1891-1970) wurde in Ronsdorf geboren und wußte alles über den logischen Aufbau der Welt, hatte aber mit Musik sonst wenig am Hut. In seinem Geburtshaus dagegen spielt Musik seit Jahren eine große Rolle. Musikfreund und Mäzen Peter Fülling hatte jetzt das Goldmund-Trio zu einem Konzert eingeladen. Xinlai Liu (Klavier), Sergey Putnikov (Violine) und Leopold Behrens (Violoncello) haben während ihrer Studien an der Musikhochschule in Köln ihr Trio gegründet und studieren Kammermusik bei dem Pianisten Jonathan Aner an der Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin.
 
Das Konzert begann mit Op.1Nr.1 des damals 23jährigen Ludwig van Beethoven. Er hat sein Werk dem kaiserlichen Kammerherrn Karl von Lichnowsky gewidmet, der es privat auch erstmalig aufführen ließ. Mäzene waren schon immer wichtig für Musiker und die Musik. Mit dem hoch aufstürmenden, schnellen und gebrochenen Dreiklang über zwei Oktaven zu Beginn des 1. Satzes schien das Publikum überrascht zu werden. Mit sicherer Technik, kräftigem Ton und viel Temperament entwickelten die drei trotz nur halb offenen Flügels einen vollen Klang, der auch in einem großen Konzertsaal seine Wirkung voll entfaltet hätte. Zögernd, von kurzen Pausen unterbrochen, stellte im Adagio des 2 Satzes das Klavier solistisch das elegische Thema vor, bevor sich die reiche Melodik Beethovens, mit Cellokantilene später im Duo beider Streicher voll entwickelte. Am Ende behält das Klavier gegen ein gehauchtes im pp. das letzte Wort. Der 3. Satz, das lebhafte Scherzo in flottem Dreier, lebt vom Vorschlag des eher banalen Viertonthemas. Da wird der Ohrwurm zum Gassenhauer. Auch im letzten zeugt die immer wieder hoch springende, dann sich in abfallenden Dreiklängen lösende Dezime von jugendlichem Übermut und Lebensfreude. Generalpause, sich anschließende Tonartwechsel, das erinnerte an Haydnschen Humor, den Beethoven in Wien ja getroffen hat. Großer Applaus.
 
Weiter ging es mit „Fremde Szene III“ von Wolfgang Rihm (1952-2024): leises Flageolett in ruhigen Tönen nahezu zunächst ohne musikalischen Fluß. Gewaltige Klangausbrüche, harmonischere Akkordrepetitionen, angedeutete melodische Abläufe, Klangcluster, zunehmende Geschwindigkeit bis zur Raserei. „Künstliche Rauschzustände hindern mich am Lebensgenuss", ließ sich der Komponist vernehmen (Eleonore Büning). Was auch immer er meinte, einem dionysischen Rauschzustand könnte diese Szene entsprechen, die mit ersterbendem Cello endete. Das Stück wurde 1982-84 komponiert und von von Saschko Gawriloff, Siegfried Palm und Bruno Canino uraufgeführt. W. Rihm, der mehr als 500 Werke, darunter Opern und große Orchesterstücke komponiert hat, hielt diese befremdlichen Szenen für „Versuche über Klaviertrio“. Jedenfalls hätten uns die Szenen I und II auch interessiert. Der Komponist verstarb vor wenigen Wochen Ende Juli 2024 nach jahrelangem Krebsleiden. Ein würdiges Gedenken.

Nach der Pause gab es dann von Bedrich Smetana (1824-1884) das Klaviertrio g-Moll Op. 15, welches der Komponist nach dem Verlust seiner erst viereinhalb jährigen Tochter Friederike - sie starb an Scharlach - geschrieben hat. Im Jahr davor war schon die Schwester von Friederike gestorben. Das Klaviertrio spiegelt die Verzweiflung des romantischen Komponisten, der später noch mit seiner Taubheit im Gefolge einer Syphilis fertig werden mußte. Mit Verve, technischer Brillanz, ausgeprägter Dynamik, stellenweise fast zu forciert, jedenfalls überaus sicher gingen die drei jungen Musiker dieses hochdramatische, schroffe Kammermusikwerk an. Im Scherzo doloroso des 2. Satzes wird das Klagethema zu Beginn des 1. Satzes verfremdet, während in jagenden Triolen, stellenweise gegen Duolen im letzten Presto die väterliche Trauer ausbricht, bis mit stockenden Akkorden der Trauerzug hörbar wird. Die nahezu orchestral sinfonische Dynamik bedrängte das Publikum in dem relativ kleinen Raum. Nach heftigem Applaus gab es als Zugabe das Rondo „all’Ongarese“ aus dem Zigeunertrio (Nr. 39 G-Dur) von Josef Haydn g-Dur in aberwitziger Virtuosität. Das war ein eindrucksvolles Konzert in häuslichem Format an historischem Ort.
 
(30.08.2024)