Igor Parfenov auf dem neuen Kammermusikflügel

Konzertinstrument wie Pianist von erster Klasse

von Johannes Vesper

Foto © Andreas Fischer

Igor Parfenov im Mendelssohnsaal auf dem neuen Kammermusikflügel
der Historischen Stadthalle Wuppertal
 
Nachdem in den Kammerkonzerten immer wieder Unzufriedenheit mit dem bisher vorhandenen Blüthner-Flügel aufkam, sollte zukünftig ein Steinway in den kleineren Sälen der Historischen Stadthalle den Ton angeben. Bei der Klaviermanufaktur in Hamburg, in der Konzertflügel generalüberholt werden, wurde man fündig, erzählten Silke Asbeck und Günter Eich zur Begrüßung. Die objektiven Kriterien exzellenter Flügel (Tondauer, Farbenfülle des Klangspektrums, Ansprechen, Klarheit und Offenheit des Klangs) entsprechen nach der exzellenten Aufarbeitung in Hamburg mindestens denen neuer Instrumente. Nachdem Igor Parfenov den Flügel in Hamburg angespielt hatte, gab es unter den Beteiligten keinen Zweifel mehr. Dieser Steinway B Flügel (Länge 211 cm) aus dem Jahre 1982 sollte es sein. Er wurde auf Dauer von der Klaviermanufaktur gemietet, nach Lieferung im Mai hier an Ort und Stelle endgültig eingerichtet und intoniert. Jetzt brachte der Pianist im Einweihungskonzert die Seele des Flügels zum Schwingen und begann mit « Alina » von Arvo Pärt (geb. 1935). Über einmal angeschlagenem tiefem Baß stimmten langsame, einzelne, sozusagen kontemplativ in Sekunden und Dreiklängen zusammengesuchte Töne auf den Klavierabend ein, der nahezu ohne Übergang Fahrt aufnahm mit der Partita I B-Dur BWV 825. Wunderbar sang schon hier bei angedeutetem Pedal die Mittelstimme heraus. Das markante Thema in klangvollem, auch bei schnellen Passagen klarem Baß (Courante) brachte die Qualitäten des Instruments voll zur Geltung. In der nachdenklichen Sarabande fielen die freie Agogik und das intensive Tastenvibrato auf. Im Menuett gab es flotten Drive, dessen Tempo sich am Ende in der sehr schnellen und virtuosen Gigue noch steigerte. Großer Applaus. Das Stück « Von fremden Menschen und Länder » aus den Kinderszenen von Robert Schumann (1810-1856) wurde erneut bestimmt durch eine sehr freie Agogik und nahezu manieristisch-auffälliger Betonung einzelner Töne. Ausgedehnte Ritardandi u.d Accelerandi führten zu merkwürdig stockendem musikalischem Fluß, der in der « Träumerei » fast zum Stillstand mit Nachklappen kam, während die geschwinde Intensität bei « Fürchtemachen » eher die Assoziation eines Alptraums weckte als an harmlose Kinderscherze denken ließ. Mucksmäuschenstill war das Publikum nach « Der Dichter spricht ». Mit diesen so intensiv gespielten Herzstücken romantischer Klaviermusik wurde die Qualität des neuen Flügels voll bestätigt, bevor mit den Fantasien op. 116 des späten Johannes Brahms (1833-1897) seine Eignung auch für pianistische Großtaten gezeigt wurde. Die Klavierstücke des damals 59jährigen Brahms können als Quintessenz seines musikalischen Lebens angesehen werden. Mit Bravour ging presto energico das erste Capriccio los, innig erklang das Adagio des 2. Intermezzos bis am Ende vollgriffig und brillant, endlich in Gänze rhythmisiert, das höchst anspruchsvolle letzte Allegro agitato über die gesamte Klaviatur stürmte. Das Publikum dankte mit großen Applaus und Bravi.
 

Foto © Andreas Fischer

Igor Parfenov, geboren 1990, begann das Klavierstudium am Konservatorium seiner Heimatstadt St. Petersburg, setzte es fort bei Joseph Scherrer an der hiesigen Musikhochschule und als Masterstudiengang bei Prof. Lisa Eisner-Smirnova an der Musikhochschule in Düsseldorf. Im Bergischen Land hat er sich in den letzten Jahren als Pianist einen Namen gemacht.
 
Nach der Pause spielte er die Sonate Nr. 1 d-Moll von Sergei Rachmaninow (1873-1943), die der Komponist 1907/1908 auf Reisen zwischen Dresden, Paris und Moskau komponiert hatte. Der Komponist hatte für diese Sonate ein Programm im Kopfe: Goethes Faust. Die musikalischen Aspekte bezüglich Auerbachs Keller, Gretchens Liebe, des Hexentanzplatzes auf dem Brocken usw. können hier nicht wiedergegeben werden. Jedenfalls gestaltete der junge Pianist ausdrucksvoll, souverän, höchst differenziert, mit stupender Technik und ungeheurem Temperament diese nahezu sinfonisch anmutende Musik entfesselter Virtuosität und Dynamik. Auch hier erwies sich der neue Flügel als ein Konzertinstrument erster Klasse. Riesenapplaus mit Pfiffen, Bravi, stehenden Ovationen und drei Blumensträußen gab es vom begeisterten Publikum Der Pianist bedankte sich mit zwei Zugaben, einem wunderbar verträumtem Nocturne von F. Chopin und der Wiederholung des Stückes von Arvo Pärt. Bei diesem Instrument kann man sich auf zukünftige Konzerte freuen.
 
Weiteres Konzert von Igor Parfenov:
28.09.2024, 19:00 Uhr - Immanuelskirche, Sternstraße 73, 42275 Wuppertal