Der alte Mann und sein Hund (38)
Der alte Mann ging mit seinem Hund spazieren. Er war im Urlaub gewesen und noch so erholt, daß er fröhliche Lieder pfiff. Er freute sich seine Nachbarn zu sehen. Sie lebten seit dreißig Jahren zusammen in einer Straße und hatten Freud und Leid geteilt. „Ach was bin ich erholt“, murmelte er vergnügt. So ging er mit seinem Hund von einem Haus zum anderen und wollte von seinen Urlaubserlebnissen erzählen. Der Hund war im Meer geschwommen und einmal war es so stürmisch gewesen, daß man seinen Hut festhalten mußte. So lief er durch seine Straße, aber alle schauten auf den Boden und wirkten so, als wäre heute ein Tag wie jeder andere. Selbst sein Nachbar Herr Böhme tat so, als wäre er nie fort gewesen und grüßte ihn mit einem Kopfnicken. Das wunderte den alten Mann, immerhin standen ihre Mülltonnen nebeneinander und ihre Hunde hatten die gleiche Hundeschule besucht. „Ich bin wieder da“, sagte er vergnügt. „Haben sie mich vermißt?“ Herr Böhme schüttelte den Kopf. „Waren sie denn weg?“ Der alte Mann lachte. Ihn konnte man nicht täuschen. Vielleicht waren alle nur so stur, weil er so erholt war. ‚Sie können nicht mit mir umgehen, wenn ich so erholt bin‛, dachte der alte Mann. Die Paderborner haben es lieber zurückhaltend. Erholte Menschen machen Angst, deswegen leben auch der Papst und der Dalai Lama alleine. „Ich kenn´ doch meine Pappenheimer“, dachte der alte Mann. Bestimmt hatte einer von ihnen seit Tagen am Ende der Straße gestanden, um nicht seine Ankunft zu verpassen. „Er kommt, er kommt“ wird er dann gerufen haben, als sein Auto gesichtet wurde. Und dann taten alle schlagartig so, als hätten sie schlechte Laune und hätten ihn nicht vermißt. Sie stellten einfach die Mülltonnen raus, wuschen ihre Autos oder standen vor dem Fenster und schauten in den Himmel. Alle würden so tun, als wäre es nicht wunderbar, daß er wieder da war. Zum Glück kannte der alte Mann seine Nachbarn. So erleichterten sie ihm die Eingewöhnungsphase. Und tatsächlich, schon nach einer Woche, als er nicht mehr so erholt war, stellte er wie alle anderen seine Mülltonne raus, wusch sein Auto oder stand vor seinem Fenster und schaute in den Himmel. „Wie geht´s denn so?“, fragte ihn Herr Böhme. Der alte Mann streichelte seinen Hund und sagte: „Es muß“. Da wußten alle, daß der alte Mann endlich angekommen war.
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