Besser hat man Franz Schubert lange nicht gehört

Enthöfer Rasch Gosmann - "Die Winterreise"

von Frank Becker
Schubert á la bonheur!

"Gute Nacht" als Opener hindert diametral zu seiner Botschaft am frühen Einschlafen. Der Pianist Ulrich Rasch, der Holzbläser André Enthöfer und der Bassist Hendrik Gosmann haben sich zu einem Trio und Projekt zusammengefunden, das Franz Schuberts Liederzyklus "Die Winterreise" ohne Worte derart kongenial umsetzt, daß man des Lobes voll nicht anders kommentieren kann als: "So gut hat man Schubert seit langem nicht gehört."

Mit winterhimmelblauem Sound, unerschöpflichem Ideenreichtum und
ungeheurem Spielwitz haben die drei dem von Franz Schubert vertonten romantischen Liederzyklus Wilhelm Müllers aus dem Jahr 1827 ganze 180 Jahre später ein federleichtes frisches Gewand gegeben. Es ist höchst delikater Jazz geworden, aber die Stücke sind gleichermaßen auch durchaus volkstümlich geblieben. Die Gratwanderung ist sensibel und wohlklingend gelungen, perfekt gelungen. Sie mögen Jazz? Hier sind Sie richtig. Sie mögen klassischen Liedgesang? Hier sind Sie richtig. Sie können weder mit Liedgesang noch mit Jazz viel anfangen? Hier sind Sie richtig. Das Trio Enthöfer Rasch Gosmann hat den multiplen Spagat aufs Eleganteste geschafft. Die künstlerische Zurückhaltung und musikalische Souveränität, mit der alle drei sich mit tiefem Gefühl der romantischen Lieder annehmen, ist allein schon Empfehlung.

Die sensible Ausführung durch Ulrich Rasch, der sein Klavier mit Delikatesse behandelt, von André Enthöfer, dessen Instrumente hauchen, flüstern, plaudern, plappern und von Hendrik Gosmann, der seinen Baß streich(el)t, zupft, singen läßt, ist Garantie für eine traumhafte blaue Stunde. Das Lied vom "Lindenbaum" gehörte von jeher zu meinen liebsten Stücken des deutschen Volks- und Kunstlieder-Schatzes. Hier bekommt es die Melodie und Tiefe, die es in meinem Herzen schon immer hatte und sinkt noch tiefer in mein Herz hinein. Nun ist klar: es hat für das 21. Jahrhundert den zarten Jazz gebraucht, den es in dieser Interpretation bekommt. Der "Rückblick" wird zum gefühlvollen Panorama des parlierenden Kontrabasses von Hendrik Gosmann, die "Wetterfahne" knarrt fröhlich im kalten Wind, als wisse sie nichts von Friedrich Hölderlins "Hälfte des Lebens" (Sprachlos und kalt, im Winde klirren die Fahnen).

Was das großartige Trio mit diesem Album dem Schubert Franzl und Wilhelm Müller "antut" war schon lange überfällig. Frisch muß Klassik präsentiert werden, werkimmanent und zeitgemäß. Das haben Enthöfer Rasch Gosmann geschafft - ohne Eitelkeit, ohne Schnickschnack, ohne überkandidelte Experimente. Die Musik Schuberts bleibt sich unter dem Schirm von Swing, Bop und Modern treu. Ein purer Genuß. Ich würde mir, sollte es helfen, wünschen, meine Post würde ähnlich zügig ausgeliefert wie in Schubert/Enthöfers "Die Post" - und ein wenig "Mut" würde einem jeden von uns gut zu Gesicht stehen. Grad´ höre ich den "Leiermann" und bin von Gosmanns Baß völlig gefangen. Sollten Sie noch in Verlegenheit sein, was Sie einem Ihrer Lieben zu Weihnachten schenken sollen: hier sind Sie gut bedient. Die Musik von Schubert/Enthöfer/Rasch/Gosmann ist ein Wunscherfüller für alle, die Klassik, Jazz und Gefühle, sich und andere mögen. Jetzt zu haben: info@diewinterreise.eu

Beispielbild
Cover: Birgit Pardun (www.orangsch.de)

Enthöfer Rasch Gosmann
Die Winterreise

nach Franz Schubert
bearbeitet von André Enthöfer

André Enthöfer  -  Saxophon, Klarinette
Ulrich Rasch  -  Klavier
Hendrik Gosmann  -  Kontrabaß

Arr.: Enthöfer/ Rasch/ Gosmann

© 2008 Enthöfer Rasch Gosmann
(P) 2008 ur-music Germany

Titel:
1. Gute Nacht   6:29
2. Die Wetterfahne   4:47
3. Gefrorene Tränen   5:46
4. Erstarrung   4:16
5. Der Lindenbaum   4:36
6. Rückblick   7:26
7. Frühlingstraum   4:09
8. Die Post   6:40
9. Die Krähe   5:21
10. Der stürmische Morgen   3:24
11. Mut    4:23
12. Der Leiermann   7:18

Gesamtzeit:   1:05:13

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