Entspannt: Solo für Robert de Niro

„Und dann kam Dad“ von Laura Terruso

von Renate Wagner

Und dann kam Dad
(About My Father) USA 2023 

Regie: Laura Terruso
Mit: Robert De Niro, Sebastian Maniscalco, Kim Cattrall u.a.
 
Er war der Größte, In den Siebziger bis Neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts, als Hollywood vor Ausnahme-Talenten nur so platzte (Al Pacino, Jack Nicholson, Dustin Hoffman, wer zählt die Namen), stach Robert De Niro immer noch heraus. Der Taxi-Driver, der Wilde Stier, der Letzte Tycoon, wer zählt die Filme.
Aber auch goldene Zeiten dauern für Schauspieler nicht ewig. Andere zogen sich zurück, De Niro machte weiter – und er hat zum Kummer seiner Fans eine ganze Reihe grottenschlechter, dummer Filme gedreht. Und dennoch – alte Treue wankt nicht. De Niro auf dem Kinoplakat, und man geht hinein. Hoffnungsvoll.
Glücklicherweise ist „Und dann kam Dad“ für ihn nicht annähernd so schlimm ausgefallen wie anderes. Zwar hat sich der „Filmemacher“ hier verrechnet – so muß man den bei uns wenig bekannten Comedian Sebastian Maniscalco schließlich bezeichnen, der sich das Drehbuch dieses Films sozusagen auf den eigenen Leib geschrieben hat und dann  als Hauptdarsteller total abgeschlagen zurück bleibt. Aber es ist De Niro, dem er unterliegt, was hat er denn erwartet?
 
Maniscalco, der sich auch im Film „Sebastian“ nennt, gibt als Ich-Erzähler einen Vater-geschädigten Sohn. Nicht, weil dieser so schlimm wäre, sondern weil er so gut war. Kam vor Jahrzehnten aus Sizilien, einzig und allein mit dem Wunsch, daß sein Sohn es einmal besser haben sollte. Arbeitete sich in Chicago zum Modefriseur hoch – in Rückblenden ganz in Schwarz, mit schwarzem Zopf, der Coiffeur, den seine Kundinnen anschmachten. Und bleibt doch im Herzen immer ein erdverbundener Sizilianer.
Wenn der schon sehr erwachsene Sebastian (Maniscalco ist immerhin 50 und tut sich schwer, jünger zu wirken) nun in der blonden Ellie seine Traumfrau findet, steht ihm die Tatsache bevor, in eine WASP-Familie hinein zu heiraten, deren Vorfahren schon mit der Mayflower kamen, die seit Generationen mit Hotelketten und an der Börse ihr Vermögen machen, so weiß, so blond, so saturiert, daß es höher nicht geht. Wenn man mit Sebastian in deren Wochenend-Häuschen (ein kleiner Palast) zu Festivitäten um den 4. Juli eingeladen wird, fühlt man sich wie bei den „Oberen Zehntausend“ (nur daß keine Grace Kelly mehr um die Ecke kommt, so viel Stil hat man hier doch nicht). Zwischen Golf, Tennis, Wassersport und Luxuslokalen brechen die Welten doch noch ganz schön auseinander, da kracht es (allerdings immer mit entsprechender Genre-Heiterkeit) ja doch im sozialen Getriebe.
 
Vor allem, weil Sebastian seinen Vater Salvo mitbringt. Der besteht darauf, die künftige Familie des Sohnes kennen zu lernen, sonst rückt der den Ehering der Großmutter nicht heraus. Und wie Robert De Niro, ein Mann der simplen Vernunft, auf diese überhochmetzte Welt reagiert, kann man sich vorstellen – oder soll man doch selbst sehen, denn er genießt es, sein Kopfschütteln in tausend Nuancen auszudrücken und dabei das zu tun, was er am besten kann: einen glaubhaften Charakter kreieren.
Er steckt darstellerisch alle in die Tasche, vor allem den eigenen Sohn, dessen Ellie (Leslie Bibb), das arme Kind will keine reiche Tochter sein, den überbeflissenen Papa (David Rasche), den überambitionierten Sohn (Anders Holm) und den weltverbessernden Esoteriker-Sohn (Brett Dier), der zwar ein Klischee ist, aber ein lustiges. Und Kim Cattrall als Mutter schwingt sich in einer Flirt-Szene mit De Niro zu seinem Niveau hoch.
Lustig macht sich dieser Durchschnittsfilm von Regisseurin Laura Terruso über alle und alles, aber es ist dafür gesorgt, daß es nicht weh tut. Für De Niro eine Zwischenstation bis zum nächsten Scorsese-Film, aber wenigstens eine, wo er sich nicht schmutzig macht und den seine Bewunderer entspannt ansehen können.
 
 
Renate Wagner