Hat allet.

Sabine Bode – „Das Buch Hömma – da wisse bekloppt!“

von Ludwig Lenis

Hat allet.
 
Kunst und Poesie der Ruhrgebiets-Sprache
 
Um es gleich vorweg zu sagen, das Ruhrdeutsch ist weder ein Dialekt noch eine Mundart. Es ist eine Sprache, ein Idiom, sympathisch bedächtig, genüßlich gedehnt (denken wir nur an Booochum, Häeeerne oder Ooor-Äerkenschwick) - und doch sehr bunte und vor allem unverblümte Sprache, die ihre Elemente aus den unterschiedlichsten Quellen bezieht. Neben dem Westfälischen spielen auch das Plattdeutsche, das Jiddische und natürlich polnische Einflüsse eine bedeutende Rolle. Schließlich weiß jeder, daß ohne das Polnische der Oberschlesier das Ruhrgebiet in seiner existierenden Form gar nicht hätte entstehen können, kamen doch vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg Heerscharen schlesischer Bergleute in die von Ruhr und Rhein, Emscher und Lippe durchflossene Region und brachten ihre Sprache und ihre Namen mit, die auch ganz wesentlich in den Sport Eingang fanden, ihm ihren Stempel aufdrückten: Tilkowski, Szymaniak, Libuda, Turek, Szepan, Podolski, Posipal, Juskowiak, Kwiatkowski, Kapitulski, Jagielski, Matzkowski, Sadlowski, Abromeit, Cieslarczyk, Malinowski….. – ganz zu schweigen von dem im Ruhrgebiet allgegenwärtigen und berufenen (mein lieber!) Kokoschinski.
 
Sabine Bode hat in einem handlichen Bändchen viele der Eigenarten der Ruhrgebiets-Sprache, die sich zwischen Wesel, Wattenscheid und Hamm, Duisburg und Dortmund, Hagen und Dorsten entwickelt hat, mit viel Humor und dem Blick des Ruhris auf seine Heimat trefflich zusammengefaßt. Sie macht in „Hömma“ deutlich, wieso es in Bottrop und Bochum, Herne und Hagen, Gelsenkirchen und Oberhausen, Oer-Erkenschwick und Wanne-Eickel inmitten von tiefer Kohle-Nostalgie und noch tieferer Kasusunsicherheit, viel besser ist als man glaubt.
Der Verlag stellt dem Leser die Fragen: „Warum ist es Wie kann die Grundvokabel „Hömma“ Liebeserklärung und Drohung zugleich sein? Welche regiotypischen Basics sollte man vor der Einreise kennen und was macht die Revierbewohner, die vielleicht kein Leder mehr vor dem Arsch, aber in jedem Fall das Herz auf der Zunge tragen, so besonders?“ Sabine Bode beantwortet sie so köstlich und urkomisch, daß man bei der genüßliche Lektüre aus dem Lachen nicht herauskommt. Die Kunst der Verkürzung ist ja ein wesentlicher Bestandteil des Ruhrdeutschen, was eben durch Wortschöpfungen wie Hömma, Madurch?, Kommze, Hamwanich, Zamma, Ja sia!, Abbaimma oder Weisiauni hörbar und deutlich wird. All das, dazu kulinarische Besonderheiten, Verhaltensregeln für Nicht-Ruhris, soziale Zusammenhänge und Dialog-Muster, versammelt „Das Buch Hömma“. Nur ein treffliches Beispiel für Letzteres:
Im Restaurant. Falsch: „Guten Tag, haben Sie schon gewählt?“ – „Was würden Sie denn empfehlen?“ Richtig: „Watt wollta?“ – „Watt habbta?“

Hat allet! Noch Fragen? Wegen weil und weil es so lustig ist, ein dankbarer Musenkuß für Sabine Bode und Hömma!
 
Sabine Bode – „Das Buch Hömma – da wisse bekloppt!“
Eine Hömmage an das Ruhrgebiet
© 2023 Lappan Verlag / Carlsen, 128 Seiten, gebunden, 16 cm x 16 cm - ISBN 978-3-8303-6411-5
12,00 € (D) | 12,40 € (A) | 17,90 sFr
 
Weitere Informationen: www.carlsen.de
 
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Zur vertiefenden Lektüre unbedingt empfohlen:
 
Werner Boschmann - Von Aalskuhle bis Zymtzicke
Lexikon der Ruhrgebietssprache mit den Höhepunkten deutscher Literatur im reinen Ruhrdeutsch
© 2013, Henselowsky Boschmann, 12. veränderte Auflage, 127 Seiten, einige Fotos
ISBN 978-3-922750-01-7
9,90 €
- vergriffen, aber im Antiquariat noch zu finden -
 
Heinz H. Menge - Mein lieber Kokoschinski!
Der Ruhrdialekt
Aus der farbigsten Sprachlandschaft Deutschlands
© 2014 Henselowsky Boschmann, 2. Auflage 127 Seiten, gebunden, mit Übersichtskarten
ISBN 978-3-942094-36-8
9,90