…und treiben mit Entsetzen Scherz

Morbider Spaß mit „Die Addams Family“ im TiC Theater

von Frank Becker

v.l.: Florian Siegmund, Anja Bielefeld, Fiona Röhrig, Leon Gleser, Giulia D´Acquisto, Sakia Deer - Foto © Martin Mazur

Sanfter Grusel mit Fingerschnipp
 
…und treiben mit Entsetzen Scherz
Morbider Spaß mit „Die Addams Family“ im TiC Theater
 
Inszenierung: Dustin Smailes – Musikalische Leitung: Stefan Hüfner – Choreographie: Paul Kribbe – Maske: Tanja Fladrich & Elke Quirmbach – Kostüme: Noëlle-Magali Wörheide – Bühne: Jan Bauerdick & Benedikt Fiebig – Licht: Tina Knoop – Regieassistenz: Michelle Ossowski & Monika Owart – Dance Captain: Nina Jestel – Musikproduktion: Stefan Hüfner – Technik: Waltraut Rettig (p.p.t.)
 
Besetzung der Premiere: Morticia: Anja Bielefeld – Gomez: Leon Gleser – Wednesday: Giulia D´Acquisto – Fester: Florian Siegmund – Pugsley: Fiona Röhrig – Oma: Saskia Deer – Lurch: Vassilis Sachinidis - Lucas: Victor Kuhlen – Mal: Dennis Gottschalk – Alice: Nina Jestel – Das eiskalte Händchen: n.n.
 
Sie leben in einer düsteren Gothic-Villa mitten im New Yorker Central Park und sind mit all ihren abseitigen Eigenschaften und Verhaltensweisen ein getreulicher Negativ-Spiegel der amerikanischen Gesellschaft, wie Charles „Chas“ Addams sie von den 1930er Jahren an in seinen bitterbösen, düsteren Cartoons für die Zeitschrift „The New Yorker“ karikierte: The Addams Family. Mit einem Elternpaar, zwei Kindern, Onkel und Großmutter im Haus sowie einem Butler von der Struktur durchaus bürgerlich strukturiert, verkörpern sie jedoch all das, was die Gesellschaft lieber im Verborgenen läßt: Verfall jeglicher Moral, Todessehnsucht, Sadismus, Süchte, Lüste, Sexualität und „unmoralische“ Wünsche. (Ganz nebenbei: nicht ohne Grund wurde die ab 1987ausgestrahlte TV-Sitcom „Married with children“ mit ähnlichen bürgerlichen Strukturen und Charakteren ein Dauerbrenner bis heute.)
 

v.l.: Florian Siegmund, Anja Bielefeld, Giulia D´Acquisto, Leon Gleser, Sakia Deer - Foto © Martin Mazur

Was Wunder also, daß die Addams-Cartoons und in ihrer Folge verschiedene TV-Serien, Zeichentrick- und Kinofilme so großen Erfolg hatten, daß schließlich auch der Broadway auf den Zug aufgesprungen ist. Marshall Brickman und Rick Elice schrieben das Buch zum Musical und Andrew Lippa die eingängige Musik, vor allem der mitreißenden Ensemble-Nummern. Am Freitag feierte das schwarzhumorige Stück, gespickt mit kleinen, feinen Gags im TiC Theater seine Wuppertaler Premiere.

Im Grand Opening lernen wir die Familie Gomez kennen: Morticia (finster mit herbem Sexappeal: Anja Bielefeld), ihr Mann Gomez (humorvoll schlitzohrig: Leon Gleser), Tochter Wednesday (düster verliebt, berührend und stimmlich herausragend: Giulia D´Acquisto), Onkel Fester (liebenswert gruselig: Florian Siegmund), Söhnchen Pugsley, in masochistischer Liebe seiner Schwester Wednesday verfallen (Fiona Röhrig) und nicht zuletzt Saskia Deer als schrullige, giftmischende Oma und Vollmond. Dieses makabre Familienidyll muß mit dem Bürgertum kollidieren, als Wednesday, wenn sie nicht grade im Streichelzoo den Braten zum Dinner schießt oder Pugsley foltert, den netten Jungen Lucas kennenlernt (stimmlich beachtlich: Victor Kuhlen) und beider Familien zusammentreffen. Mal (Dennis Gottschalk: routiniert) und Alice (Nina Jestel: filigran wandelbar) müssen sich als biedere Eltern (die sie wohl nicht immer waren) dem Danse macabre der Gomez-Familie stellen.
 
v.l.: Fiona Röhrig, Sakia Deer (mit eiskaltem Händchen), Florian Siegmund - Foto © Martin Mazur

Die dem Film-Vorbild angelehnte Maske (Daumen hoch fürTanja Fladrich & Elke Quirmbach) und Kostüme (Noëlle-Magali Wörheide) sowie die schlichte finstere Bühne mit dem wortkargen Butler Lurch (Vassilis Sachinidis mit Überraschungs-Effekten) nebst einem körperlosen eiskalten Händchen als Runnig
Gags schaffen unter der familientauglichen Regie von Dustin Smailes den gelungenen Rahmen, in dem das engagierte Ensemble eine Vielzahl anspruchsvoller Songs (Musikalische Leitung: Stefan Hüfner) und mitreißender Choreographien (Paul Kribbe / Nina Jestel) repektabel bewältigt. Herausragend sind das schmissige Grand Opening der Gomez-Familie mit herrlichem Mambo-Swing, die phantastische große Ensemble-Nummer „Sag die Wahrheit“ (allein für diese beiden lohnt ein Besuch) und die Soli von Giulia D´Acquisto, Victor Kuhlen und Anja Bielefeld.
Zum guten Ende stehen über allem Zwist und allen Unterschieden hier wie dort die Erkenntnis der eigenen Fehlerhaftigkeit - und die Liebe. Es geht eben doch nicht ohne Moralin und gibt (zum Glück) ein Happy-End. Und alle, im wesentlichen auch das Publikum, sind zufrieden.
 
Weitere Informationen und Termine: www.tic-theater.de