Die Geschichte hat Hand und Fuß

„Creed III“ von Michael B. Jordan

von Renate Wagner

Creed III
USA 2023 

Regie: Michael B. Jordan
Mit: Michael B. Jordan, Jonathan Majors u.a.
 
Zumindest das hat Sylvester Stallone in seiner abwechslungsreichen, wenn auch qualitativ nicht unanfechtbaren Karriere geschafft (aber wer dreht schon nur gute Filme?) – Boxfilme, das ist (sehen wir von „Wie ein wilder Stier“ einmal ab) „Rocky“. Das hielt immerhin sechs Filme lang von 1976 bis 2006 beachtliche dreißig Jahre Kontinuität. Dann faßte Stallone den weisen Entschluß, auf der Leinwand mit „Rocky’s Legacy“ zwar weiter kämpfen zu lassen, aber selbst in die zweite Reihe zu treten.
Auftritt von „Creed“, seinem Schützling, und zwei Filme lang hat Stallone sein „Vermächtnis“ noch aktiv begleitet. Am Ende des vorigen Films zog er sich allerdings zu seinem Sohn nach Kanada zurück, und es ist weise, daß der nun 76jährige in „Creed III“ nicht mehr auftaucht. Hauptdarsteller Michael B. Jordan steht in der Titelrolle mittlerweile nicht nur als sympathische Persönlichkeit fest auf eigenen Füßen, er hat auch – wie einst Stallone – entschlossen, wenn schon, denn schon, also führt er diesmal auch Regie. Durchaus erfolgreich, um einen guten, wenn auch nicht sensationellen Film zu machen, der den Familienkitsch einigermaßen im Zaun hält und der Story Glaubwürdigkeit verleiht.
 
Creed, als Boxer – wie man inzwischen weiß – der Größte, hat sich in Teil 3 erst einmal zurückgezogen und pflegt sein Familienleben und sein Boxstudio, wo er die nächsten Champions vorbereitet. Keine an sich spannende Vorgabe, die man am besten dramatisiert, indem man einen Gegenspieler einführt.
Also steht Creed nach zwei Jahrzehnten seinem ehemaliger Jugendfreund gegenüber (Rückblenden auf die Teenagerzeit der beiden), der aus dem Gefängnis kommt, sein Leben versäumt hat und nun nachholen will, worum er gebracht wurde, um seine Karriere als Boxer – der vielleicht besser ist als Creed. Jonathan Majors war eben erst in dem „Ant“-Film der Bösewicht, und er schafft hier als Damian eine differenzierte Charakterstudie, die den Zuschauer angenehm im Unsicheren läßt – aber natürlich muß er der „Böse“ sein, wenn er dem Helden gegenüber steht, und letztlich ist das Jonathan Majors ja doch ins Gesicht geschrieben.
Bis es zum unvermeidlichen Endkampf der beiden Ex-Freunde im Ring kommt, muß das Drehbuch einige Volten schlagen, aber warum nicht. Kluge alte und lebhafte junge Frauen dürfen sich einbringen (man ist von Rockys italianisierter Welt ganz in jene der Afro-Amerikaner eingeschwenkt), man sieht schon im Vorfeld einiges an Boxen bis zum Endkampf, der wie ja doch erwartet ausgeht. Sonst hätte Michael B. Jordan nicht schon zum Start von „Creed III“ die Fortsetzung angekündigt…
 
Die Boxszenen, für viele Zuschauer möglicherweise der Hauptgrund, sich den Film anzusehen, sind prächtig gefilmt und geschnitten, wie man es erwarten darf, aber so wie Stallone immer ein bißchen mehr geliefert hat als nur die Schlägerei zwischen den Seilen, so versucht es auch Jordan – und durchaus mit Erfolg. Vor allem die psychologisch klug ausgewogene Geschichte zwischen den Ex-Freunden hat Hand und Fuß.
 
 
Renate Wagner