Ein buntes, eher stilles Durcheinander der Themen

„Der Geschmack der kleinen Dinge“ von Slony Sow

von Renate Wagner

Der Geschmack der kleinen Dinge
(Umami - Frankreich, Japan 2022)

Drehbuch und Regie: Slony Sow
Mit: Gérard Depardieu, Kyōzō Nagatsuka, Pierre Richard, Sandrine Bonnaire u.a.
 
Es ist wieder einmal ein Film über einen Koch, es wird viel gekocht und noch mehr darüber philosophiert, aber anders als in „The Menu“, wo sich Ralph Fiennes ja als unendlich mörderisch erwies, hat Gerard Depardieu (der dem Zuschauer von Film zu Film massiger vorkommt) ganz andere Probleme. Man erlebt ihn als Monsieur Gabriel Carvin gleich zu Beginn mit Kochmütze als großen Star seines Drei-Sterne-Restaurants in chicem Klostermilieu, aber die Komplimente scheinen ihn offenbar nicht viel zu bedeuten. Ruhm ist also nicht alles.
 
Vor allem, wenn man heftige Familienprobleme hat und dann mit einem Herzinfarkt im Spital landet. Wieder zurück in der Küche schmeißt er die Nerven und das Geschirr weg, und es ist klar. Jetzt muß etwas ganz anderes kommen. Und dafür hat sich der Film „Der Geschmack der kleinen Dinge“ tatsächlich etwas Besonderes ausgedacht.
Allerdings ist die poetisch gemeinte Reise nach Japan, die nun folgt, alles andere als Mainstream – Gerard Depardieu ist diesmal bei Arthaus gelandet. Die Geschichte der Suche nach dem ultimativen „fünften“ Geschmack, der „Umami“ heißt, ist doch recht seltsam und ein bißchen überdreht.
Monsieur Gabriel Carvin hat sich also damit abgefunden, daß das Leben für ihn wahrscheinlich nicht mehr lange dauert, also will er noch etwas Wichtiges erledigen. Slony Sow, französischer Regisseur asiatischer Herkunft, hat 2015 in seinem ersten Spielfilm „Parisienne“ eine japanische Schriftstellerin nach Paris geschickt, um Inspiration für ihren neuen Roman zu finden. Nun dreht er die Situation um – und schickt den Starkoch aus dem Loire-Tal nach Japan auf Sinnsuche.
Sow kocht hier vieles (zu vieles?) zusammen – die kulturellen Unterschiede zwischen Frankreich und Japan, Nebenhandlungen mit der schönen, ungetreuen Gattin (Sandrine Bonnaire). Zoff mit seinem Sohn, Zeit mit dem alten Freund, dem philosophischen Austern-Züchter (der herrliche Pierre Richard). In Japan konfrontiert er sich mit dem alten Rivalen Tetsuichi Morita (Kyozo Nagatsuka), und da begibt sich sowohl Culture-Clash wie Privates, das mit ein paar Figuren zu viel überbordet.
 
Es wird nie auf das „metaphysische“ Element der Suche nach dem Unbekannten vergessen, das hier eben der Geschmack Umami ist. Menschliche Sinnsuche ist universell. Der Film allerdings ist ein buntes, dabei eher stilles Durcheinander der Themen, wo viel Seltsames passiert, das eher „Kino“ als Wirklichkeit ist, damit der gewaltige Hauptdarsteller (das sind die komödiantischen Momente) in allerlei Peinlichkeiten tapsen darf.
Dabei spielt Depardieu, der durchaus nicht immer im Zentrum der Handlung steht, den alten Mann über weite Strecken berührend. Man hätte sich den Film exakter um ihn herum erzählt gewünscht und weniger mäandernd.
 

Renate Wagner