Blechschaden mit Bob Ross

Wundersame Wandlungen mit Brass und Gartenschlauch

von Johannes Vesper

Foto © Johannes Vesper

Blechschaden mit Bob Ross
 
Wundersame Wandlungen mit Brass und Gartenschlauch
 
Bob Ross (Leitung) - Florian Klingler, Bernhard Peschl, Marcus Rainer, Erich Rinner (Trompete) - Matias Pinera (Horn) - Daniel Bonvin (Posaune) - Benjamin Appel (Baßposaune) - Ricardo Carvalhoso (Tuba) - Michael Leopold (Schlagzeug)

Seit 1984 treten die blechblasenden Komiker unter dem Schotten Bob Ross mit ihrem immer wieder hinreißenden Programm auf. Die letzte Tournee sollte 2020 mit neuem Programm starten. Da blockierte das Coronavirus die Mundstücke. Jetzt blasen sie wieder zwischen Augsburg und Bremen, Wuppertal und Erfurt. Da ist die Grenze zwischen E- und U-Musik verschwunden, einfach aufgehoben. Im Großen Saal der Wuppertaler Historischen Stadthalle starteten die 11 Blechbläser der Münchener Philharmoniker und ein Schlagzeuger am Freitagabend (6.01.2023) fulminant mit Zarathustras Sonnenhymnus und schütteten das übervolle Horn goldener Blechmusik vollends aus mit der bearbeiteten, berühmten Bachschen Orgel-Toccata d-Moll. Blechbläservirtuosität aus den bayrischen Alpen und dem schottischen Hochland. Bob Ross, nach eigener Einschätzung mit seiner Körpergröße von 165 cm (geschätzt), der größte Dirigent Schottlands, Hornist der Münchener Philharmoniker und Gründer dieser exzeptionellen Brass-Formation, scheut keinen Kalauer, vermeidet keine Schote, führt als Entertainer durch das Programm und induziert Lachsalven beim Publikum. Tatsächlich oszillierte dessen Gesichtsmuskulatur zwischen staunend offenem Mund ob der virtuosen, bläserischen Herausforderungen und herzhaft breitem Lachen, wenn Bon Ross die glänzenden musikalischen Arrangements und Bearbeitungen mit schottischem Humor verbindet und im schottisch karierten Frack wie eine Hupfdohle mit dem Dirigentenstab quer im Schnabel flink über die Bühne eilt, um jedem jede Anweisung zu geben.


Foto © Johannes Vesper

Er erzählte vom in Elberfeld geborenen Dirigenten Günter Wand („Berlin hatte eine Mauer, Köln einen Wand“) „Der hat meist mit geschlossenen Augen dirigiert und wir wußten nie, ob er schläft und sich nur konzentriert hat.“ Zusammen mit musikalischer Perfektion von Weltspitze entstand so höchste Unterhaltungskunst. Da erscheint „La Bamba“, vor den Ohren, angekündigt als die schottische Nationalhymne. Der „Tiefpunkt“ des Abends wurde erreicht, als die Tuba strahlend und klar in tiefsten Abgründen mit der Badinerie aus der hoch virtuosen h-Moll Suite von J.S. Bach (schon wieder der!) in affenartigem Tempo losgrummelt. (im Original für die silbrige Querflöte geschrieben). Vor jedem der Musiker hängt die Fahne seiner Herkunft. Tubist Ricardo stammt aus Portugal, etliche aus Tirol, Ober- und Niederbayern, aus Slowenien. Das Ensemble bezeichnet sich selbst als „Fremdenlegion“ der Münchener Philharmoniker, reduziert oder erweitert die Musikgeschichte aufs Goldblech von Vivaldis Konzert für zwei Trompeten und Albinoni hin zum River-Kwai-Marsch und den Beatles. Die doppelchörige Kanzone von Giovanni Gabrieli (1554-1612), rhythmisch nicht einfach bei wechselnden Tempi, füllte lebendig und frisch den großen Saal. Mit einem gewaltigen Solo stellte sich das Schlagzeug hinter der Fahne von Bayern München vor, konnte kein Ende finden, suchte und fand Ersatz für sein Instrument auf der ganzen Bühne.


Solo Michael Leopold - Foto © Johannes Vesper

Zu allen musikalischen Schandtaten fanden sich die Musiker zusammen, tanzten mit ihren Instrumenten über die Bühne, die Posaunisten hoben und senkten ihre Instrumente wie trompetende Elefanten ihre Rüssel. Für den Triumphmarsch aus „Aida“ wurden mit Trichtern versehene Gartenschläuche unterschiedlicher Länge geblasen und gewedelt. Bei der Pizzicato-Polka in subtilster Agogik und Dynamik zuckten die Füße, und beim Tiroler Jodler wurde dann mitgeklatscht. Hier zeigten sich nochmal voller Wohllaut, die Kraft und das Gefühl des rein männlichen Ensembles. Als Zugabe wurde der Bolero von Ravel schnellstens in Sinatras „My Way“ verwandelt und zum zunehmenden Sirtaki sah man das Publikum teilweise sehr gekonnt tanzen. Nach weiter tosendem Applaus mit Bravi und Pfiffen beschloß zu allerletzt der Steingadener Musikantenmarsch, bei dem das Publikum begeistert mitklatschte, den höchst amüsanten Abend. Ein musikalischer Jokus der Sonderklasse!