Murai

von Karl Lerbs

© 1957 Carl Schünemann Verlag
Murai
 
Als im vor-vorigen Jahrhundert - mit genauen Jahreszahlen kann ich nicht aufwarten - englische Missionare in Japan besonders heftig zu wirken begannen, kam einmal einer von ihnen, Dr. John C. Berry, in einem Hospital zu Kobe in ein Zimmer, das den jungen Murai beherbergte. Der junge Murai, ein stiller, höflicher, gescheiter Mann lag in seinem Bett ließ mit behaglicher Gelassenheit irgendeinen Unfallschaden ausheilen und rauchte inzwischen seine Pfeife« Dr. Berry schätzte den jungen Murai, aber er mißbilligte das Pfeifenrauchen. Also ließ er aus dem Stegreif eine kräftige Standpauke los und gab dem jungen Murai eine Broschüre, die mit Wort und Bild beweiskräftig gegen die Schäden des Tabakrauchens vom Leder zog. Der junge Murai las das Heft gewissenhaft und aufmerksam. Besonders fesselte ihn ein Aufsatz, der den Umfang und die unheilvolle Wirkung des Zigarettenverbrauchs in Europa und Amerika behandelte und vorwurfsvoll dartat, wie viele Wohlfahrts- und Bildungsanstalten sich mit dem dafür aufgewendeten Geld würden schaffen lassen. Der Missionar sah mit Vergnügen den tiefen Eindruck, den Moral und Statistik auf den jungen Murai machten. Er ahnte nicht, daß der tüchtige junge Mann sich nach seiner Entlassung aus dem Hospital sogleich in emsige Arbeit stürzen, die in Japan damals noch unbekannte Zigarette einführen, sich ein großes Vermögen verdienen und später seine Fabriken für eine riesige Summe an den Tabaktrust verkaufen würde.
 
 
Karl Lerbs